Schwimm hin, schwimm her du Ringlein

[17] Mündlich.


Nichts schöneres kann mich erfreuen,

Als wenn es der Sommer angeht,

Da blühen die Rosen im Mayen,

Trompeter die blasen ins Feld.


Trompeter die haben's geblasen;

Soldaten marschieren in's Feld,

Sie ziehen dem Feinde entgegen,

Zum Streite wohl sind sie bestellt.[17]


Dort drunten in's Kaisers Schloßgarten,

Da stehet ein Feigenbaum,

Da müssen wir alle ablegen

Pistolen und Säbelgezeug.


Ach Schätzel was hab ich erfahren,

Daß du jetzt willst reisen von hier,

Willst reisen in's fremde Land nause,

Wann kommst du wieder zu mir?


Und da ich im fremden Land drausen war,

Gedacht ich gleich wieder nach Haus;

Ach wär ich zu Hause geblieben,

Und hätte gehalten mein Wort!


Und als ich wieder nach Hause kam,

Feins Liebchen stand unter der Thür;

Gott grüß dich du Hübsche, du Feine,

Von Herzen gefallest du mir!


Ich brauche dir nicht zu gefallen,

Ich habe schon längst einen Mann,

Dazu einen hübschen und feinen,

Der mich wohl ernähren kann.


Was zog er aus seiner Tasche?

Ein Messer war scharf und war spitz;

Er stach es feins Liebchen ins Herze,

Das rothe Blut gegen ihn spritzt.


Er zog es gleich wieder herause,

Vom Blute da war es so roth,

Hast du nun gelitten die Schmerzen,

So will ich auch leiden den Tod.[18]


Da nun das Liebchen gestorben,

Wo begrabt man sie denn hin?

In ihres Vaters Schloßgarten,

Wo weiße Lilien blühn.


Was zog er da von seinem Finger?

Ein Ringlein, das war von Gold,

Er warf es sogleich in das Wasser,

Die Wellen, die geben den Schein.


Schwimm hin, schwimm hin, du Ringlein,

Schwimm hin in das Meer hinein,

Und grüß mir mein Vater und Mutter,

Und sag, ich komm nimmermehr heim.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 2, Stuttgart u.a. 1979, S. 17-19.
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