Waldvögelein

[85] Mündlich.


Ich ging mit Lust durch einen grünen Wald,

Ich hört die Vöglein singen,

Sie sangen so jung, sie sangen so alt,

Die kleinen Waldvöglein in dem Wald,

Wie gern hört ich sie singen.


Nun sing, nun sing Frau Nachtigall,

Sing du's bei meinem Feinsliebchen:[85]

»Komm schier, komm schier wenns finster ist,

Wenn niemand auf der Gassen ist,

Herein will ich dich lassen.«


Der Tag vergieng, die Nacht brach an,

Er kam zu Feinslieb gegangen;

Er klopft so leis' wohl an den Ring,

Ei schläfst du, oder wachst du Kind,

Ich hab so lang gestanden.


Daß du so lang gestanden hast,

Ich hab noch nicht geschlafen;

Ich dacht als frey in meinem Sinn,

Wo ist mein Herzallerliebster hin,

Wo mag er so lang bleiben?


Wo ich so lang geblieben bin,

Das darf ich dir wohl sagen;

Beim Bier und auch beim rothen Wein,

Bei einem schwarzbraunen Mädelein,

Hätt deiner bald vergessen.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 3, Stuttgart u.a. 1979, S. 85-86.
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