VIII.

[19] RITTER.

Frau Kaiserin, ich reich dir durchs Loch den Ring,

Unser Leben am seidenen Faden hing,

Gleich leg dich mit Krone und Ring in das Bette.

KAISERIN von oben.

Der Alte soll kommen, er dient zum Gespötte.

KAISER tritt in das Zimmer der Kaiserin.

Die Kaiserin schnarcht, nur Unschuld kann schnarchen,

Die Sünde träumet ganz stille vom Argen,

Ich will mit Vorsicht zum Bette hinschreiten,[19]

Ich möchte nicht gern mit ihr mich streiten,

Und manche Leute, wenn sie schnell erwachen,

So schlagen sie um sich wie die Drachen,

Liebes Kind, ich küsse dir gerne die Hand.

KAISERIN.

Ich geh dir eine, die ist verwandt.

KAISER.

Victoria, die Ohrfeig that weh,

Doch meinen Ring ich wiederseh,

Schon dacht ich, es sey ein Liebeszeichen,

Das sie dem fremden Ritter thät reichen.

Nun gute Nacht.


Ab.


KAISERIN.

Jetzt bin ich erwacht,

Und rufe dir nach, statt Lebewohl,

Daß dich der Teufel hol.

Hört, Ritter, der Alte war richtig betrogen,

Ein neuer Anschlag sey jetzt vollzogen,

Ich ziehe gleich an verkehrte Kleider,

Die gute Seite, die kennet er leider,

Dann komm ich zu euch durchs Loch ins Haus,

Und ihr bereitet da einen Schmaus,

Und bittet den Kaiser und ihm erzählt,

Ich sey die Braut, die ihr erwählt,

Die auf dem Schiffe jetzt nachgekommen,

Und euch zum Manne sich angenommen,

Er möchte uns segnen mit guten Gaben,

Dann können wir auf dem Schiffe abtraben.

RITTER.

Du bist gescheidt, mein Herz schlägt munter,

Nur komme eilig durchs Loch herunter.

KAISERIN kommt herab.

Jetzt ging es leicht, weil ich mich nicht geziert,

Gewohnheit ists, was die Welt regiert.

Jetzt sorge nur rasch für Küch und Keller,

Der König segnet aus Eßlust viel schneller.

RITTER.

Da haben wir ja den zerstückten Rath,

Verzehret stört er uns nicht durch Verrath.

KAISERIN.

Nein, das ist gegen alles Gefühl,

Menschenfleisch ekelt selbst im Schattenspiel.

RITTER.

Da find ich noch Krümeln von Schiffszwieback,

Wer weiß, ob er die nicht essen mag.[20]

KAISERIN.

So lade den Kaiser ganz eilig ein,

Und bitte ihn selbst um etwas Wein,

Der wird uns auf dem Meere behagen,

Ich kann die Seefahrt nicht gut vertragen.


Quelle:
Achim von Arnim: Das Loch. Berlin 1968, S. 19-21.
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