X.

[21] RITTER kommt zurück ins Thürsteherhaus.

Der Kaiser und der Wein, sie werden gleich kommen.

KAISERIN.

Ich schnüre mich auf, ich werde beklommen.[21]

RITTER.

Fast habt ihr mich zu solchem Spaße verführt,

Wobei ihr nun alle Haltung verliert,

Eure Ärme fächeln wie Windmühlenflügel,

Ich höre den Kaiser, er öffnet den Riegel.

KAISER kommt.

Nun seyd mir gegrüßet, schöne Braut,

Es ist mir, als hätt ich euch sonst schon geschaut.

RITTER.

Sie hat ein recht allgemeines Gesicht,

Sie ist noch blöde und wenig verspricht,

Doch wird sie euch bald viel besser gefallen.

KAISER vor sich.

Die Eifersucht will mich schier anfallen.


Laut.


Ihr habet so etwas in eurem Wesen,

Ich hätte euch selber zur Kaiserin erlesen.

KAISERIN.

Ihr wollet nur spotten, ich weiß noch nicht,

Wie man zu großen Kaisern spricht,

Welcher Fuß im Knien voraus zu setzen,

Auch weiß ich von Politik wenig zu schwätzen.

RITTER.

Zum Teufel, das Knixen doch endlich laß,

Du scheinst ein lebendiges Butterfaß.

KAISER vor sich.

Meine Weisheit kommt noch heimlich von Sinnen,

Wär meine Frau nicht im Thurme drinnen,

Ich glaubte sie in der Braut zu sehen,

Vor Neugier bleibt mir mein Herz still stehen,

Ob meine Frau im Bette noch liegt,

Oder ob sie mich mit dem Ritter betrügt.

RITTER.

Mein gnädiger Herr, ihr scheint nicht vergnügt.

KAISER.

Ein Wunsch, mein Fräulein, im Sinne mir liegt,

Es spricht so schön euer rother Mund,

Mir wäre ein Küßchen darauf gesund.

RITTER.

Das darfst du dem Kaiser nicht versagen,

Ein Küßchen in Ehren kann niemand abschlagen.

KAISERIN.

So küsset mich, Herr, auf meine Stirn.

KAISER küßt sie.

Sie schmecket so süß wie die beste Birn.


Vor sich.


Sie schmecket so ganz wie meine Braut,

Ich fahre vor Eifersucht aus der Haut.


Laut.


Es schmeckte der Kuß so trefflich gut,

Er hat mir erweckt mein ganzes Blut,

Ich will zum Feste die Kaiserin bringen,

Sie soll uns heut was Lustiges singen.


Ab.


Quelle:
Achim von Arnim: Das Loch. Berlin 1968, S. 21-22.
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