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Nachdem nach der Regulirung der Bauerngehöfte das Pferdehüten und folglich auch das Abstecken der Pfingsthege unter unserem Landvolke verschwunden war, trat eine andere Sitte an dessen Stelle, nämlich das Hähneschlagen. Am ersten Pfingsttage traten die Pferdeknechte des Dorfes zusammen bei einem der Knechte, der gewöhnlich der Aelteste unter ihnen war und deshalb Altgeselle genannt wurde und kauften nach gemeinsamer Berathung einen Hahn. Darauf gingen die Knechte in Begleitung einer Anzahl von Knaben und Mädchen aus dem Dorfe hinaus. Es wurde nun ein passender Ort ausgewählt, ein Loch in die Erde gegraben, der gekaufte Hahn in dasselbe gesetzt und ein großer irdener Topf auf das Loch gestülpt. Nun losten die Knechte, in welcher Ordnung sie den Hahn schlagen wollten. War die Reihenfolge durch das Loos entschieden, so stellte sich der Altgeselle in einer Entfernung von ungefähr zwanzig Schritten von dem Loche auf, verband dem, der das erste Loos gezogen, die Augen mit einem Tuche, gab ihm einen Dreschflegel in die Hand und sagte zu ihm ›Slag 'n Hanen dod!‹ Dieser ging dann auf die Stelle, wo er glaubte, daß der Hahn verborgen sei und schlug mit dem Dreschflegel. Traf er den Topf nicht, entstand ein großes Gelächter unter den Zuschauern, es wurde ihm das Tuch von dem Altgesellen abgenommen und dem nächstfolgenden wiederum um die Augen gebunden. Dies wiederholte sich so lange bis der Topf zerschlagen war. Darauf wurde der Hahn geschlachtet und alle Knechte verspeisten ihn alsdann gemeinsam. Diese Sitte hat sich noch bis auf den heutigen Tag erhalten mit der Abänderung, daß in neuester Zeit nur ein Topf hingestülpt wird und das gemeinsame Essen der Knechte weggefallen ist.


Stud. W. Schulz aus Barkow.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 279-280.
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