Das Spiel.

[103] In fahlen Sesseln schaut ich alte Buhlerinnen,

Bleich, mit gemalten Braun, geschminkt noch im Verfall,

Verstellten Blicks. Ich sah von magren Ohren rinnen

Ein klirrendes Gehäng von Steinen und Metall.


Gesichter lippenlos, auf grüne Tische stierend,

Die Lippen ohne Blut, Kinnladen ohne Zahn,

Und Finger, wild verkrampft, nach Golde angstvoll gierend,

Durchwühlend Brust und Kleid in grausem Fieberwahn.


An schmutzigem Gewölb unzählge Kerzenlichter

Und riesge Leuchter, die ihr Flimmern bleich und weiß

Entsandten auf die Stirn der finstren, großen Dichter,

Die stumm vergeudeten der Marter blutgen Schweiß.


Das ist das schwarze Bild, das ich in bösem Traume

Mit allzu klarem Blick erspäht in nächtger Zeit.

Ich selber schaute in dem grauenhaften Raume

Mich aufgestützt, erstarrt, stumm und voll tiefem Neid.


Voll Neid auf dieser Schar untilgbar-zäh Verlangen,

Auf dies Vergnügen, das die Dirnen aufrecht hielt,

Wie unter meinem Blick sie frech und unbefangen

Um einstge Schönheit und um Ehrbarkeit gespielt.


[104] Und es erschrak mein Herz, manch Armen zu beneiden,

Der glühnden Eifers stürzt zum Abgrund des Gerichts,

Und der, von seinem Blut berauscht, die grimmsten Leiden

Dem Tode vorzieht und die Hölle selbst dem Nichts.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 103-105.
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Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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