495. Hexenritt.

[309] Mündlich von Leutkirch.


War mal im Oberland ein Mann und eine Frau. Die Frau war eine Hexe und fuhr viele Nächte immer fort. Ihr Mann merkte, daß sie nicht selten Nachts gar nicht daheim im Bett sei, wußte aber nicht recht, wessen Geschäftes wegen. Einmal schlich er ihr nach, schaute von der Stube zum kleinen Küchenfensterle hinein. Gerade langte die Frau einen Besenstiel,[309] nahm ein Sälblein vom Kamin herab, bestrich ihn, sezte sich darauf und fuhr durch den Rauch hinauf. Der Mann hörte rufen: »Hopp, hopp auf und nёene nã!« Der Mann nicht faul, machte es auch so und fuhr wie's Wetter durch's Kamin. Kam nach langer Luftfahrt in einen ungeheuern Saal, wo großer Hexentanz war. Ueber die Maßen ging's lustig her, von Mitternacht bis gegen Morgen. Auf einmal hörte er ein Munkeln im großen Gewühle: jezt läutet man's Bet! Husch! Alles zerstob und war wie weggeblasen. Der gute Mann wußte nicht, was dies zu bedeuten, hörte läuten eine ferne Frühglocke. Gut! er hat sich verspätet. Auf einmal saß er jämmerlich auf weitem ödem Felde, wo nichts als Gräber und Todtengerippe zu sehen waren, in landfremder Gegend. Zwei Jahre brauchte er, bis er wieder in seine Heimat kam262.

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Ueber die Hexensalben siehe »Leubuscher«, über die Wehrwölfe und Thierverwandlungen im Mittelalter. Berlin 1850. 8°. S. 41 ff. Kuhn und Schwarz, nordd. Sagen S. 154. 217. 2. 71 Anmerk.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 309-310.
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