Ein vorred in das | narren schyff. |

Zů nutz vnd heylsamer ler / verma- | nung vnd ervolgung der wyßheit / ver | nunfft vnd gůter sytten: Ouch zů ver- | achtung vnd straff der narheyt / blint- | heyt yrrsal vnd vorheit / aller stät / vnd | geschlecht der menschen: mit besun- | derem flyß ernst vnd arbeyt /gesamlet | zů Basell: durch Sebastianū Brant. | in beyden rechten doctor.


All land syndt yetz voll heylger geschrifft

Vnd was der selen heyl antrifft /

Bibel / der heylgen vätter ler

Vnd ander der glich bůcher mer /

In maß / das ich ser wunder hab

Das nyemant bessert sich dar ab /

Ja würt all gschrifft vnd ler veracht

Die gantz welt lebt in vinstrer nacht

Vnd důt in sünden blint verharren

All strassen / gassen / sindt voll narren

Die nüt da mit dorheit vmbgan

Wellen doch nit den namen han

Des hab ich gdacht zů diser früst

Wie ich der narren schiff vff rüst

Galleen / füst / kragk / nawen / parck

Kiel / weydling / hornach / rennschiff starck

Schlytt / karrhen / stoßbären / rollwagen

Ein schiff möcht die nit all getragen

Die yetz sindt jn der narren zal

Ein teil kein fůr hant überal

Die stieben zůher wie die ymmen

Vil vnderstont zů dem schiff schwymmē

Ein yeder der wil vorman syn

Vil narren / doren kumen dryn

Der bildniß jch hab har gemacht

Wer yeman der die gschrifft veracht[3]

Oder villicht die nit künd lesen

Der siecht jm molen wol syn wesen

Vnd fyndet dar jnn / wer er ist

Wem er glich sy / was jm gebrist /

Den narren spiegel ich diß nenn

In dem ein yeder narr sich kenn

Wer yeder sy wurt er bericht

Wer recht in narren spiegel sicht

Wer sich recht spiegelt / der lert wol

Das er nit wis sich achten sol

Nit vff sich haltten / das nit ist /

Dan nyeman ist dem nütz gebrist

Oder der worlich sprechen tar

Das er sy wis / vnd nit ein narr

Dann wer sich für ein narren acht

Der ist bald zů eym wisen gmacht

Aber wer ye wil witzig syn

Der ist fatuus der gfatter myn

Der důt mir ouch dar an gewalt

Wan er dyß bůchlin nit behalt

Hie ist an narren kein gebrust

Ein yeder findt das in gelust

Vnd ouch war zů er sy geboren

Vnd war vmb so vil sindt der doren /

Was ere vnd freyd die wißheit hat /

Wie sörglich sy der narren stat /

Hie findt man der welt gantzen louff

Diß bůchlin wurt gůt zů dem kouff

Zů schympff vnd ernst vnd allem spil

Findt man hie narren wie man wil /

Ein wiser findt das in erfreydt

Ein narr gern von syn brůdern seyt /

Hie findt man doren arm vnd rich

Schlym schlem / ein yeder findt sin glich /

Ich schrot ein kapp hie manchem man

Der sich des doch nit nymet an

Het ich in mit sym namen gnent

Er sprech / ich het in nit erkent /[4]

Doch hoff jch das die wisen all

Werdent harjnn han wolgefall

Vnd sprechen vß jr wissenheit

Das jch hab recht vnd wor geseit

Sydt jch sollch kuntschafft von jn weiß

So geb jch vmb narren eyn schweyß

Sie müssen hören worheit all

Ob es jnn joch nit wol gefall

Wie wol Terencius spricht / das

Wer worheit sag / verdienet haß

Ouch wer sich langzyt schnützen důt

Der würfft ettwan von jm das blůt

Vnd wan man Colerā anreygt

So würt die gall gar offt beweygt

Dar vmb acht ich nit / ob man schon

Mit worten mich wirt hindergon

Vnd schelten / vmb myn nutzlich ler

Ich hab der selben narren mer

Den wißheit nit gefallet wol

Dyß büchlin ist der selben vol

Doch bitt jch yeden / das er mer

Wil sehen an vernunfft vnd er

Dan mich oder min schwach gedicht

Warlich hab jch on arbeit nicht

So vil narren zůsamē bracht

Ich hab ettwan gewacht zů nacht

Do die schlyeffent der jch gedacht

Oder villicht by spyl vnd win

Sassent / vnd wenig dochtent myn /

Eyn teyl jn schlitten umbher fůren

Im schne / das sie wol halb erfrůren

Eyn teyl vff kalbß füss gingen sust /

Die andern rechten jr verlust

Den sie den tag hetten gehan

Vnd was jnn gewyns dar vß möcht gan

Oder wie sie morn wolten liegen

Mit gschwätz / verkouffen / māchen triegē

Den selben noch zůdencken all[5]

Wie mir jr wys / wort / werck / gefall

Ist wunder nit / ob ich schon offt

Do mit myn gdicht nit würd gestrofft

Gewacht hab / so eß nyeman hofft

In disen spiegel sollen schowen

All gschlecht der mēschē man v frowē

Je eyns ich by dem andern meyn

Die man sint narren nit allein

Sunder findt man ouch närrin vil

Den ich die schleyer / sturtz vnd wile

Mit narren kappen hie bedeck

Metzen hant ouch an narren röck

Sie wellen yetz tragen on das

Was ettwan mannen schäntlich was /

Spitz schů / vnd vßgeschnytten röck

Das man den milchmerck nit bedeck

Wicklen vil hudlen jn die zöpff

Groß hörner machen vff die köpff

Als ob es wer ein grosser stier

Sie gänd har wie die wilden thier /

Doch sollen erber frowen mir

Verzyhen / dan ich gantz nit jr

Gedencken zů keym argen wyl

Den bösen ist doch nit zů vil

Der selben man ein teil hie fyndt

Die jn dem narren schiff ouch syndt

Dar vmb mit flyß sich yedes sůch

Fyndt eß sich nit jn dysem bůch

So mag es sprechen / das es sy

Der kappen vnd des kolben fry

Meint yemant das jch jnn nit rür

Der gang zůn wysen fůr die thür

Vnd lyd sich / vnd sy gůter dyng

Byß ich ein kapp von Franckfurt bryng


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494, S. 3-6.
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