XXXIX.

[72] Wer laut den Anschlag kündet an

Und spannt sein Garn vor Jedermann,

Vor dem man leicht sich hüten kann.


Ein Narr im Gebüsch versteckt bei einem im Freien ausgespannten Netze. Vögel fliegen zum Theil davon oder sitzen auf einem Baume.


Von offenkundigen Anschlägen.

Ein Narr ist, wer will sahen Sparrn

Und offenkundig stellt das Garn;

Denn leicht ein Vogel dem entflieht,

Wenn er es offen vor sich sieht.

Wer nichts als drohen thut all' Tage,

Da sorgt man nicht, daß er fest schlage;

Wer seinen Rath schlägt offen an,

Vor dem bewahrt sich Jedermann.

Hätt' nicht Nikanor seinen Rath

Verändert, als so fremd er that,

So hätt' ihn Judas nicht errathen

Und sich so bald bewahrt vor Schaden.

Der dünket mich ein Weiser sehr,

Weiß er den Plan, sonst Niemand mehr,

Zumal wenn ihm sein Heil liegt an.

Es will jetzt horchen Jedermann

Und sich in solche Händel stecken,

Die hinten kratzen, vorne lecken.

Den halt' ich nicht als weisen Mann,

Wer sein Rath nicht bergen kann.

Denn Narrenrath und Buhlerwerk,

Eine Stadt, erbaut auf einem Berg,

Und Stroh, das in den Schuhen steckt,

Die viere werden bald entdeckt.

Ein Armer wahrt wol Heimlichkeit,

Eines Reichen Sache trägt man weit;

Sie wird durch treulos Hausgesind'[73]

Verrathen und verschwatzt geschwind.

Ein jedes Ding kommt leichtlich aus

Durch die Genossen in dem Haus.

Es schadet uns kein schlimmrer Feind

Als die, so Wohnung mit uns eint;

Die bringen viel um Leib und Gut,

Vor denen man nicht auf der Hut.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 72-74.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff: Nach der Erstausgabe (Basel 1494) mit den Zusätzen der Ausgaben von 1495 und 1499 sowie den Holzschnitten der deutschen Originalausgaben (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)
Das Narrenschiff: