Schluß

[143] Hartnäckig weiter fließt die Zeit;

Die Zukunft wird Vergangenheit.

Von einem großen Reservoir

Ins andre rieselt Jahr um Jahr;

Und aus den Fluten taucht empor

Der Menschen buntgemischtes Korps.

Sie plätschern, traurig oder munter,

'n bissel 'rum, dann gehen's unter

Und werden, ziemlich abgekühlt,

Für längre Zeit hinweggespült. –


Wie sorglich blickt das Aug' umher!

Wie freut man sich, wenn der und der,

Noch nicht versunken oder matt,

Den Kopf vergnügt heroben hat.


Der alte Schimmelwirt ist tot.

Ein neuer trägt das Reichskleinod.
[143]

Schluß

Derselbe hat, wie seine Pflicht,

Dies Inserat veröffentlicht:


Kund sei es dem hohen Publiko,

Daß meine Frau Suse, des bin ich froh,

Hinwiederum eines Knäbleins genesen,

Als welches bis dato das fünfte gewesen.

Viel Gutes bringet der Jahreswechsel

Dem Schimmelwirte – Kuno Klecksel. –


So tut die vielgeschmähte Zeit

Doch mancherlei, was uns erfreut;

Und, was das Beste, sie vereinigt

Selbst Leute, die sich einst gepeinigt. –


Das Fräulein freilich, mit erboster

Entsagung, ging vorlängst ins Kloster.

Doch Bötel, wenn er in den Ferien

Die Stadt besucht und Angehörigen,

Und Meister Quast, der allemal

Von hier entnimmt sein Material,

Wie auch der vielgewandte Gnatzel,

(Jetzt schon bedeckt mit einer Atzel)

Ja, selbst der Dr. Hinterstich,

Dem alter Groll nicht hinderlich,[144]

Sie alle trinken unbeirrt

Ihr Abendbier beim Schimmelwirt. –


Oft sprach dann Bötel mit Behagen:

»Herr Schimmelwirt, ich kann wohl sagen:


Schluß

Wär nicht die rechte Bildung da,

Wo wären wir? Jajajaja!!« –


Nach diesem von Bötel gemachten Vermerk

Schließen wir freudig das löbliche Werk.


Schluß


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 4, Hamburg 1959, S. 143-147.
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