8. Albumblatt

[33] (An C.P.)


»Huldvoll, wie die Muse mir erschienen,

Als vor mir des Lebens Fülle lag,

Spendest du mir jetzt mit Engelsmienen

Einen neuen späten Frühlingstag.«

(Ernst Heller.)


Lege du die Hand, die liebe, kleine,

Heute noch geduldig in die meine,

Glorreich Kind, denn morgen bist du frei!

Morgen ruft das Schicksal mich von hinnen.

Thöricht war auch diesmal mein Beginnen;

Aber Frühling war es draußen, drinnen,

Und mein Herz erlag der Zauberei.


Bleibe du in Gnaden mir gewogen.

Ist die Hoffnung mir davongeflogen,

Deine Freundschaft nehm' ich mit zur See;

Schwesterlicher Liebe zartes Gitter

Schützt uns vor der Leidenschaft Gewitter,

Ach – und dennoch zieht es deinen Ritter

Stürmisch dir zu Füßen, holde Fee!
[34]

Nur zum Abschied darf er sich vermessen,

Schweigend dich an seine Brust zu pressen,

Denn zu kühn'rem Glück ist's nicht mehr Zeit;

Kamst auf seinen dunkeln Lebenswegen

Leuchtend wie ein Engel ihm entgegen;

Nun empfange seinen Brudersegen,

Seinen Dank für alle Ewigkeit.


Wenn dein Stern zu bleiben mir vergönnte,

Wenn der meine dir genügen könnte – –

Doch es kann nicht sein – und so versprich,

Kindlich, wie du bist, mir gut zu bleiben.

Draußen werd' ich mir die Augen reiben;

Doch in dein Gedenkbuch will ich's schreiben:

Ja, ich liebe dich – ich liebe dich!

Quelle:
Ludwig Ferdinand Schmid: Dranmor’s Gesammelte Dichtungen, Frauenfeld 41900, S. 33-35.
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