Vil reden ist kein kunst / ders wol kündte.

[231] Vil geschrey wenig woll / Vil wort wenig hertz. Die vögel so vil vnnd wol singen / seind selten feyßt / vnd die thier so vil gschrey haben / haben wenig woll / Es geht vil im gsang vnd gschrey hin. Das ist auch fürnemlich gsagt / denen die iederman wöllen leeren / en sich selbs. Vnnd geht disen singenden vögeln alles im gesang hin / vnnd ein gewonheyt darauß gemacht /daß jr hertz nimmer berürt / Schreiben vnnd schwetzen von eim ding auß täglicher ůbung vnd gewonheyt einn gantzen tag / daran sie nimmer gedächten. Seneca spricht: Bonarum rerum consuetudo pessima, Es gefellt offt eim grossen herren baß so ein arm mann vor jhm ligt / vnnd vor grosser reuerentz nit reden kan / dann der ein schön groß gemalt zungentreschen vor jm macht. Das gebett sol kurtz vnd gůt / wie aller Gotsdienst sein / Matthei 6. Gott schlafft nit / daß du jn mit vil worten vnd grossem geschrey můssest auffwecken / sonder bettestu recht / eh du deinn mund auffthůst / so bist erhört / von dem der geneygter ist zugeben / dann du zunemen. Vnd sihe Nathanael /weil er noch vnderm Feigenbaum / noch nit zů Christo kame / da sihet jn Gott vor / eh er jn. Es ist bald gschehen / was man recht thůt. Der arm sünder hinder der thür / Luc. 10. sihet auff die erde / darff vor grosser scham vnd reuerentz seine augen nit auffheben /klopfft an sein brůst / spricht nit mehr dann: Herr biß mir gnädig. Er kundte auch nit mehr betten / war fro /daß das im geyst herauß war vō hertzen /[231] Der zeucht fromm vnd erhört heym / Der ander Phariseer im Chor / war in der schrifft geůbt / vnn wußte gsatzweise vil gůter wort / wie man Gott loben solt / das het er ietz inn brauch vnd gwonheyt bracht / fahet ein schöne red an / Es wer nit ein wunder / hett jm Got in seinn mund gesehen (er sihet aber inns hertz) er het Gott von seinem pfülgen geschwetzt / vnn sich drauff gesetzt / Aber es war vil gschrey / wenig woll / die wort waren gůt / er aber ein bůb / darumb waren seine werck wie er / jr meyster.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 231-232.
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