XXXVII. Brief

[72] Abends.


Kann man sich etwas tolleres denken! – Kaum bist Du fort, morgen kömmst Du wieder, und doch sizze ich schon wieder da und schreibe an Dich. – Höre, Friz, wenn das Ding so fort geht, so wird unsere Liebe zum größten Staats-Geschäfte. – Es ist ja fast keine Stunde im Tag, wo wir nicht an einander schreiben, oder verstohlner weise beisammen sizzen, oder andere Leute plagen, daß sie uns wechselseitig von einander erzählen, oder an einander denken, träumen und schwärmen. Ha! – Wahrlich so geht es ja allerliebst! – So unersättlich in der Liebe war ich in meinem ganzen Leben noch nie, bis der niedliche kleine Sprudel-Kopf kam, und Feuer in mein Herzchen warf. – –

Was hältst Du nun vom heutigen Tag? Das war ein rechter Durcheinander von beiderseitigen Launen. – Weist Du auch, daß Du wieder alle Augenblikke auf dem Punkt stundest, Deine gewöhnliche Laune zu bekommen? – Weist Du auch, daß ich Mühe hatte Deine kleinen Wallungen zu dämpfen? – – Du Troz-Kopf! – Du Starr-Kopf! – Du Eigensinniger, Du Brauser, – Du – – – Du – – – – – – – – – – – – –

Friz stund hinter Nina, als Sie die Litanei vergrössern wollte, und stopfte ihr mit einem Duzend überraschenden Mäulchen den Mund. – – –[72]

Quelle:
Marianne Ehrmann: Nina’s Briefe an ihren Geliebten, [o. O. ] 1788, S. 72-73.
Lizenz:
Kategorien: