18. Auf ihr Abwesen

[219] 1639 Mai.


Ich irrte hin und her und suchte mich in mir,

und wuste dieses nicht, daß ich ganz war in dir.

Ach! tu dich mir doch auf, du Wohnhaus meiner Seelen!

Komm, Schöne, gieb mich mir, benim mir dieses Quälen!

Schau, wie er sich betrübt, mein Geist, der in dir lebt!

Tötst du den, der dich liebt? Itzt hat er ausgelebt.

Doch gieb mich nicht aus dir! Ich mag nicht in mich kehren.

Kein Tod hat Macht an mir, du kanst mich leben lehren.

Ich sei auch, wo ich sei, bin ich, Schatz, nicht bei dir,

so bin ich nimmermehr seihest in und bei mir.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 219.
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