1. Auf des Wolgebornen Herrn, Herrn August Siegfrieds, Herrn von Schönburg, Herrn zu Glauchau und Waldenburg, Erbherrn zum Greßlaß u.s.w. Ableben

[245] 1632.


Trit Melpomene, trit auf,

laß die Trauersaiten tönen,

als an die mich zu gewönen

zwingt der trüben Zeiten Lauf!

Ich will in den stillen Klang

stimmen diesen Leidgesang.


Siegfried, du belebter Held,

Zier des Stammes, Preis der Jugend,

teurer Ausbund aller Tugend,

du Gerühmter vor der Welt,

o du wertester August,

aller Menschen liebe Lust!


Bist denn du auch gangen hin,

dannenher kein Rückweg gehet,

da das Endmal Allen stehet,

(Allen,so denkt unser Sinn),

bist denn du auch alsobald

vor dem Alter worden kalt?


Du, von dem man neulich nur

rühmet' an der Helden Reie

solche Tapferkeit und Treue,

der du deiner Liebe Spur

vor das traute Vaterland

machtest durch die Faust bekant?


Ja, du namest dir auch für,

vor die Deinen gar zu sterben

und den werten Dank zu erben,

der Erlösern ziemt und dir.

Dein Wundsch war in selber Not:

frei sein wollen oder tot.
[246]

Und wir brachtens auch darzu,

daß wir uns nun Sieger melden,

durch so streitbeherzte Helden,

die sich hielten gleich wie du,

die ihr Blut um gleichen Kauf,

gleichwie du auch, setzten auf.


Mars ersahe dein Gesicht',

als du in den Waffen rungest,

zornig durch die Feinde drungest;

deiner wolt' er warten nicht.

Mancher Man, der sonst war wert,

ward erletzet durch dein Schwert.


Was du hast für uns gewagt,

zeigen deine tiefen Wunden,

so du vor der Faust empfunden.

Rüchtig ist es und besagt,

was dein kühner Arm getan

auf dem Breitenfelder Plan'.


Ietzund, da du hast gesiegt

und mit Ehren kömmest wieder,

legest du dich, Werter, nieder

und wirst durch den Tod bekriegt.

Da nun Alles Friede war,

kamst du erstlich in Gefahr.


Er, der Tod, floh selbst vor dir,

als du ihm nicht woltest weichen,

da er plötzlich sah' erbleichen

manchen Man durch dein Rappier,

wie von deiner kühnen Faust

mancher Feind ward angestraußt.


Nun erschleicht er hämisch dich

und verletzet dir dein Leben,

das zuvor sich wolte geben

keinem Schosse, keinem Stich.

Ohne vorbesagte Zeit

kömmst du um und außer Streit.


Hättestu doch deine Kraft

Andern auch bezeigen sollen![247]

Zwar dein Mut ist schon erschollen

vieler Länder Bürgerschaft.

Wer dich kennet und nicht kennt,

nennt dich groß, wenn er dich nennt.


Nun, du bist zwar umgebracht;

doch so kan man löblich sagen,

daß dich kein Feind können jagen,

übermögen keine Macht.

Was für Macht dich übermocht,

die ist die, so Alles pocht.


Dein Gedächtnüß, werter Held,

soll dort neben Phöbus stehen,

auf und nieder mit ihm gehen

und der Welt sein vorgestellt.

Du wirst nicht vergessen sein,

weil wir haben seinen Schein.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 245-248.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Deutsche Gedichte
Deutsche Gedichte

Buchempfehlung

Droste-Hülshoff, Annette von

Gedichte (Die Ausgabe von 1844)

Gedichte (Die Ausgabe von 1844)

Nach einem schmalen Band, den die Droste 1838 mit mäßigem Erfolg herausgab, erscheint 1844 bei Cotta ihre zweite und weit bedeutendere Lyrikausgabe. Die Ausgabe enthält ihre Heidebilder mit dem berühmten »Knaben im Moor«, die Balladen, darunter »Die Vergeltung« und neben vielen anderen die Gedichte »Am Turme« und »Das Spiegelbild«. Von dem Honorar für diese Ausgabe erwarb die Autorin ein idyllisches Weinbergshaus in Meersburg am Bodensee, wo sie vier Jahre später verstarb.

220 Seiten, 11.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon