XXVII.


Das Nach-Spiel deß Würg-Engels.

[249] Wie sich ein Meister noch vielmehr / nach Ausfertigung seines Wercks / weder über den blossen anfänglichen Entwurff desselben / belustigt: also empfindt der blut-dürstige Mord-Geist noch grössere Ergetzung an den Blutbädern / nachdem sie schon vollenbracht /als wann er dieselbe allererst zu befordern / und anzustifften / bemühet ist. Und solche seine Ergetzung giebt er hernach / noch lange Zeit / mercklich zu spühren. Die heidnische Römer triumphirten / nach einem Siege / nur ein Mal; dieser starcke Gewapnete aber viel Jahre nacheinander / ja wol etliche hundert Jahre offt / darüber / wann er ein allgemeines grosses Unglück angerichtet / als da sind Krieg- und Blutvergiessen.[249]

Solches kann man leicht schliessen / aus dem Getöß / und Lärmen / so er gemeinlich / an solchen Oertern / da ein Scharmützel / oder blutiges Treffen /vorgegangen / nachmals hören lässt; wie auch aus den gespenstischen Erscheinungen / so man daselbst bißweilen erblickt. Denn solches ist eine Anzeigung /daß er / über solche geschehene Blut-Händel / jubilire / und sich gleichsam einen Meister / Erfinder und Angeber derselben / rühme. Wie solches diese Geschichte bezeugen.

Lucius Florus / der die Feldzüge der Römer sein kurtz und nett beschrieben / meldet / bey Erzehlung deß zweyten Macedonischen Kriegs / man habe /gleich desselbigen Tags / an welchem König Perses in Macedonien / geschlagen und gefangen worden / solches zu Rom / erfahren: Angesehn / zween Jünglinge /auf weissen Pferden / am See Juturna / den Staub und das Blut abgewaschen: welche gesagt / sie kämen aus Macedonien / und wären / bey dem Haupt-Treffen daselbst gewesen. Weil dieselbe nun gantz mit Blut bespritzt waren / und die Pferde so wol / als sie / die beyde Reuter / selbst / dem Ansehn nach / kaum verschnauffen kunnten: glaubte man / zu Rom / insgemein / es wären Castor und Pollux gewesen.1 Ich aber glaube / es sey ein Teuffels-Gespenst gewest / das / in solcher Gestalt / welche die Römer / dem Castor und Pollux anzutichten / pflagen / darum erschienen /damit dieser abgöttischer Wahn / bey den Römern /erfrischet / oder bekräfftet werden mögte.[250]

Pausanias gedenckt / bey Beschreibung der Schlacht / bey Maratbon / einer Stadt / die man heut Marason nennet / und ungefähr zehentausend Schrite von Athen ligt / daß man / zu seinen Lebzeiten / in selbigen Feldern / alle Nächte / ein Geschrey gehört /als gleichsam vieler wiehernden Pferde; auch Gespenster / in Gestalt streitender Kriegs-Leute erschienen; imgleichen daß diejenige / welche dahin kämen / solches anzuhören / und die Gespenster zu sehen / von ihnen übel tractirt würden.

Doctor Spon / welcher selbige Gegend durchgereiset / schreibt / daß ihn die Einwohner selbiges Dorffs / und Andre in derselben Gegend / berichtet hetten /daß sie annoch / gar offt / bey nächtlicher Weile / einige unbekandte Stimmen hörten / die sie erschreckten. Solches bekräfftigte sein / und seiner Gefährten /Wirth / ein Albaneser / bey dem sie zur Herberge lagen / vermeldend / daß er offt dergleichen gehört /und sonderlich einen Laut / der einer klagenden Weibs-Stimme ähnlich wäre; wann er aber an den Ort ginge / wo er es vernommen / zöhe sich solche Stimme weiter hinweg.2

Nachdem der unruhige / und durch seine ehrsüchtige Gemahlinn zu einem rebellischen Friedens-Bruch verreitzte / König Odacker / in dem scharffen Treffen / mit dem sieghafften Keyser Rudolph / dem Ersten /aus dem Hause Habsburg / welcher mit der Römisch-Teutschen Reichs-Kron beehret worden / nahe bey Kustendorff / auff dem Marckfelde / das Feld / samt dem Leben / verspielt hatte / und / nebst[251] vierzehen tausend der Seinigen / erschlagen war; lagerte sich der Keyser / damaliger Gewonheit nach / auff die Wahlstat / und beharrete darauff drey Tage; indem die Erschlagene / samt dem feindlichen Lager / geplündert wurden. Unter selbiger Zeit / hat man um Mitternacht / daselbst mancherley Gerassel / Tumult / Getöß / und Waffen-Klang / gehört. Man erblickte auch bisweilen eine grosse Schaar von Geistern. So liessen sich auch / nach der Zeit / viel Gespenster da sehen / in Gestalt mancher bekandter Leute / so bey selbigem Haupt-Ernst das Leben verschertzt hatten.3

Nach dem blut-reichem Heer-Gefechte / so zwischen dem Römischen Könige / Ferdinand dem Dritten / glorwürdigsten Andenckens / und der Schwedischen Armee / bey Nördlingen / gehalten worden; hat man / viel Jahre hernach / zu Nachts / in selbiger Gegend / ein Feld-Spiel von Pauken / Trummeln / und knallenden Stücken / vernommen; als eine Jubel-Freude deß Menschen-Feindes / über das Blut der Menschen / und über die Blut-Bäder der zerrissenen Christenheit.

Fußnoten

1 Florus lib. 2. Rer. ab urbe condita, c. de Bello Macedonico secundo.


2 D. Jac. Spon / im sechsten Buch seiner curiösen Reisen.


3 Felix Malleol. lib. 2. de Nobilitate c. 30. apud Besoldum in Discurs. de Vitæ & Mortìs consideratione fol. 111.


Quelle:
Francisci, Erasmus: Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller [...]. Nürnberg 1690, S. 249-252.
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