DER TÄTER

[48] Ich lasse mich hin vorm vergessenen fenster: nun tu

Die flügel wie immer mir auf und hülle hienieden

Du stets mir ersehnte du segnende dämmrung mich zu

Heut will ich noch ganz mich ergeben dem lindernden frieden.


Denn morgen beim schrägen der strahlen ist es geschehn

Was unentrinnbar in hemmenden stunden mich peinigt

Dann werden verfolger als schatten hinter mir stehn

Und suchen wird mich die wahllose menge die steinigt.


Wer niemals am bruder den fleck für den dolchstoss bemass

Wie leicht ist sein leben und wie dünn dass gedachte

Dem der von des schierlings betäubenden körnern nicht ass!

O wüsstet ihr wie ich euch alle ein wenig verachte!


Denn auch ihr freunde redet morgen: so schwand

Ein ganzes leben voll hoffnung und ehre hienieden ..

Wie wiegt mich heute so mild das entschlummernde land

Wie fühl ich sanft um mich des abends frieden!

Quelle:
Stefan George: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 5, Berlin 1932, S. 48-49.
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