CVIII
LANDSCHAFT

[127] Ich will um keusch meine verse zu pflegen

Wie sterngucker nah an den himmel mich legen ·

Will hören neben dem glockenturm

Die feierklänge getragen vom sturm.

Hoch in der kammer das kinn auf dem arme

Seh ich die werkstatt mit lärmendem schwarme ·

Den rauchfang den turm und die wolken weit ·

Die mahnenden bilder der ewigkeit.


Süss ist es · bricht durch die nebel ein schimmer ·

Droben ein stern und die lampe im zimmer ·

Rauchende säule zum himmel schiesst ·

Mond seinen bleichen zauber ergiesst.[127]

Frühling seh ich und sommer verschwinden

Und kommt der winter mit eis und winden

Schliess ich die türen und läden zugleich ·

Baue im dunkel mein feeenreich.

Träumen werd ich von bläulichen dünsten

Gärten und weinenden wasserkünsten

Küssen und blumen bei nacht und bei licht

Unschuldig wie ein schäfergedicht.

Machtlos die scheiben bestürmendes toben

Lenkt mein geneigtes haupt nicht nach oben.

Tief versunken in schwärmerei

Ruf ich nach willen den frühling herbei ·

Zieh aus der brust eine sonne und spinne

Laue luft mit dem glühenden sinne.

Quelle:
George, Stefan: Baudelaire. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 13/14, Berlin 1930, S. 127-128.
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