Auf das verwirrte widerwärtige aussehen

[58] Mein Gott du bist getreu / wie seltsam es auch scheinet.

Wann alles knackt und kracht / wann Blut und muht erliegt /

wann selbst das Herz entherzt kein safft noch Krafft mehr kriegt;

wann alles man verhaust und aus zu seyn vermeinet;

ja wann uns auch gedunkt der Himmel ganz versteinet /

daß weder flehn noch bitt ihm etwas mehr ansiegt /

hingegen alles sich uns zu betrüben fügt /

und sich mit ganzer macht zu unsern Creutz vereinet:

so ist bereit die zeit der gnaden-labung hie /

die kan so wunderbald das Leid in Freud verwandlen /

die pflegt so lieblich süß die schmerzen zu behandlen

das man nicht wünschen soll / das sie gewesen nie.

Da siht man / daß Gott / nur recht zu erfreuen / kränket.

sein Liebessinn auf nichts / als unsre wolfart denket.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 58-59.
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