In eben derselben

[62] Ach Herz-erforscher! sieh / wie sehr sich meines kränket /

wie heisse-qualen strahln und schmerzen-stich eingehn /

wie Vnglücks Abgründ dort / da grosse Nohtberg / stehn /

der Thränen Wolkenbruch sein festes Land versenket.

Daß nit der Alten gnad dein Vatter Herz gedenket /

und läst ein fünklein nur von seinem Trostliecht sehn!

Ach möcht der freudig Geist mein schmachtig Herz durchwehn!

daß nicht ein tröpflein Er mir des erquicksaffts schenket!

jetzt lischt / jetzt lischt es aus / es zittert allbereit /

die Lebens Geister schon den Herzenssitz verlassen /

die Krafft schmelzt sich in Safft / dringt durch der Augen strassen.

Ist höchste noht dein ziel / so ist es ietzund zeit.

laß deine Hülffe bald / eh ich vergeh / geschehen.

Wo nicht: laß deine Macht / als wie an Lazern / sehen!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 62-63.
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