Die / im Gemüt entfundene / unbeschreibliche Süssigkeit der Güte Gottes

[98] O Vberschwänglichs Gut! O Vnausdenklichkeit!

Begierigs Wunder-wol / an uns dich zu bezeigen!

je mehr dein Werk in mir sich preiset / muß ich schweigen.

Die Freud-Geniessung lässt der Rühmung keine Zeit.

War ist es / tausendmal das du viel mehr bereit /

als zu begehren ich / dein Güt' in mich zuneigen.

Dein Strom schtest schnell herab / die Seuffzer langsam steigen:

ich kriech mit meiner Bitt / du fliegest mit der Freud.

Du ausgeschütte Lieb / recht Herz-entdecktes Wesen!

wie wall-und flammestu / das du dich nur beweist!

du brichst schier / vor Begier daß wir nur bald genesen.

Wie hungert doch die Gnad / biß wir mit Lust gespeist!

dem Ewig-wohlen wohl ist schier zusagen weh /

biß sein Lieb-überfluß auf uns Lust-übergeh.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 98-99.
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