Auf eben diese Herz-entzuckende Freuden-Geschicht

[112] Seht die schöne Edenblum auf dem dürren Heu hie ligen.

Ihre Schönheit nie verwelket / in dem Winter blühet sie:

mit der Vnverletzlichkeit kan dem Lorbeer selbst ansiegen.

eine Blume von der andern wunder-schönst aufspriesset hie.

Ach wer einen schönen Kranz könt von diesen Blümlein kriegen!

unter Reichs-und Sieges-Kränzen sah man kein so schönen nie;

O ich wolt mit tausend Freuden mein Haupt zu der Krönung schmiegen!

wann schon Dörner / nach Gewonheit / wären bey der Rosen-Blüh.

Ja das rechte Weitzen-Korn / das uns giebt das Brod zum Leben /

das bald auf die Erd wird fallen / liget jetzund auf dem Stroh.

Was noch wunderns wehrter ist / seht dem Brod selbst Nahrung geben.

Auf dem Stroh die Ewig Liebe brennt und flammet liechter loh /

zündet solches doch nicht an. Solten wir nit auch anheben /

und als rechte Christen-Fönix / uns verbrennen Heilig froh?

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 112-113.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte