Auf das erbarmbare Jammer- Bild meines allerliebsten Herrn Jesu. Sehet welch ein Mensch

[143] Ach sehet / welch ein Mensch! der schönste / so gebohren

in und auch vor der Zeit / des Vatters Herzen-Lust!

der Engel Wunder-Zweck / vor unsre Sünde must

der Schmerzen Schießziel seyn / damit wir unverlohren.

Der Gott-vereinigt Leib zum Abgrund wird erkohren /

wo alle Qual hinrinn / von unsern Sünden-Wust.

Es bricht / ob diesen Platz / des Zornes Wolkenbrust /

das ganze Sünden Heer sticht ihm mit seinen Sporen.

Ach Edler Aethna du! du flammest lauter Liebe /

ein jedes Tröpflein ist ein Lieb-entglühte Kohl.

Ach! daß ich nicht mein Herz in deine Striemen schiebe /

und einen Gold-Geist mir aus deinen Wunden hol.

Seht Wunder! welch ein Mensch / der Gott und uns versühnet /

mit höchster Schmerzen-Schmach uns Himmels-Ehr verdienet!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 143-144.
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