Das 4. Wort

Mich dürstet

[155] Mich dürstet: daß ich euch an Freud kan truncken machen /

daß ihr vor gutem Muht jauchzt in der Ewigkeit.

Mein Blut / so dürstig ist / daß es euch Ruh bereit /

daß seiner tropffen Schweiß wie Purpur-Thau herbrachen.

Es dürstet nach dem Durst der fast verschmachten Schwachen.

und daß es ihnen selbst könnt werden mit der Zeit

ein Trank: ihr werdt dadurch des Seelen-Dursts befreyt.

Der Durst ist / nicht nach Wein / nach Herz-Erquickungs Sachen.

Ich könt den Felsen auch wol schlagen / wann ich wolt /

ich selbst der Lebens-Brunn könt frische Quellen schaffen /

ja daß mir in den Mund ein Bächlein rinnen solt.

daß ihr wurd Ewig satt / mich alle Mängel traffen.

Schau / alles diß / O Mensch / ich willig leid vor dich.

Mit Buse-Thränen solst du wider träncken mich.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 155-156.
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