Uber die unverletzliche Tugend

[211] Das Vnglück endlich kan an Tugend mich nicht irren.

Es mundert sie vielmehr / bläst ihre Funken auf /

und bringt des Muhtes Hängst in dapffern Helden-Lauff.

wann es mir Tugend mehrt / so kan ich nichts verliehren.

Wann auf das äusserst auch die Sachen sich verwirren /

Saturnus / Mars / Mercur / selbst fallen über Hauff:

So spring' ich unverzagt mit freyen Füssen drauf.

Ihr Widerstand muß mir mein Siegs-Pracht erst recht zieren.

Bleibt Gott allein mein Trost; so sey der Erden Trutz /

und allem Vngelück / mich wenigst zu verletzen!

weil sie die Fersen sticht / beginnt mich zu ergötzen

die Himmlisch Nectar Brust: und schweb in seinem Schutz.

muß ich schon alle Lust und Erden-Glück aufgeben.

so bleibt mir Tugend doch noch länger als mein Leben.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 211-212.
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