Auf den Kornschnitt

[241] Schneidet / schneidet ab mit Freuden / was der milde Himmel gibt /

die verguldte Lebens-Kron / fechsnet ietzund in die Scheuren:

Gott wird sie / wie auf dem Feld / segnen auch in euren Mäuren.

Dem Allwesenden / durch diese / auch zu uns zukommen liebt.

Die vermenschet' Allheit nachmals / in dem Brod / in uns sich schiebt /

bey dem Gottes-Wunder-Tisch / durch ihr starkes Lieb-anfeuren.

Dieses Gott- nit Engel-Brod / laß die Sünde nicht versäuren!

Ewig es begabt und labet / alles anders bald verstübt.

Zwar es ist hoch dankens wehrt / auch das Leiblich Segen-geben.

Doch ach! was die Seel' ergetzet / äusserst zu erwünschen ist.

Schatten / Pfeil / und Flügel-Art ist / mit seinem Gut / diß Leben.

Gib mir / was du wilt / von diesem: nur das / was du selber bist /

Seeligkeit und Ewigs Gut / bitt ich / mir nit zuversagen.

Wer nur nach dem Höchsten zielt / wird das kleine schon erjagen.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 241-242.
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