Beschluß Sonnet

[21] Mehr hatt Ich vor der Faust; doch wer thar hier was schreibẽ

Weñ eine Fraw dem Man ein Leinen Tuch versagt[21]

Ins Grab/ vnd wenn sie kaum den andern hat/ der Magd

Beut hundert Thaler an/ daß sie Ihn helff auffreiben

Durch Lügen oder ja durch Zeugnüß Eyl zutreiben

Dem Hencker in sein Schwerd; vñ hier kein Armut klagt

Die doch wol sonst für Gott nicht einen Kreutzer wagt;

Wil sie doch/ daß Ihr thun sol vngetadelt bleiben.

So geht es hin vnd her; man sündigt frey hinein/

Gantz ohne schew vnd scham/ vnnd sol doch niemand sein/

Der diß was jeder thut/ dörfft offentlich erzehlen/

Denn Warheit schmertzt vnd reist; doch kombt gar offt an Tag/

Diß, was nach vieler Sinn gar tieff verborgen lag/

Vnnd muß der Warheit nie/ Lufft/ Red/ vnd Freyheit fehlen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 21-22.
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