Die Erste Abhandelung [13] 1


Die Gemahlin des Feld Herren Fairfax.


So ist / ihr Himmel / dann die letzte Nacht vorhanden.

Die wie man leider wähnt / den König in den Banden

Doch auch bey Leben find / und drewt der nächste Tag

Des frömsten Fürsten Hals mit dem verfluchten Schlag /

Der Krone / Zepter / Reich und Throne wird zusplittern /

Vnd die erschreckte Welt durch disen Fall erschüttern?

Sind aller Hände los? Wil nimand widerstehn?

Sol Carl vor seiner Burg so schändlich untergehn?

Vnd wie leicht Glück und Zeit sich ändern und verkehren

Durch den verfluchten Tod ohn Seel und Haubt bewehren?

Bebt die ihr herscht und schafft! bebt ob dem Trauerspill!

Der welchem Albion2 vorhin zu Fusse fill:

Soll auff dem Mord-gerüst in seiner Haubt-Stadt sincken

Vor schnöder Hencker Fuß! dem alles auff ein Wincken

Zu Dinst und Willen stund; wird freventlich gefast

Verurtheilt und enthalst vor seinem Erb-Palast!

Kein Mann beut Hand noch Hülff! ist schon das Land bestürtzet;[13]

Traurt gleich das weite Reich / doch bleibt der Mutt verkürtzet!

Ein unerhörte Furcht nimt aller Seelen ein /

Der Britten König steht in Albion allein!

Wol dann! weil euch die Seel' Ihr Männer gantz entgangen;

Wil ich / Ich schwächstes Weib mich dessen unterfangen /

Was Zeit / Mitleiden / Treu / Recht / Tugend / Vnschuld / heist.

Du aller Fürsten Fürst! ermuntre meinen Geist.

Erwecke den Verstand / gib Wort auff meine Lippen /

Gib Licht ins Hertz / daß ich die ungeheuren Klippen

Behutsam meid / und ob ich etwa Segel streich;

Jedoch (obwol durch Sturm) gewündschtes Land erreich.

Zwey die mein Ehgemahl stets ohne falsch befunden;

Die haben schon mit mir auffrichtig sich verbunden

Vnd meinen Rath belibt. Fällt mein Gemahl mir bey;

So geht der Anschlag fort / so ist der König frey.

So hab ich unser Heil und Brittens Ehr erhalten.

So wird mein eigen Ruhm durch keine Zeit veralten.

So wird / wer itzund lauscht als sonder Hertz und Rath /

Wenn dise Sturm-Wolck hin beneyden meine That /

Vnd eyfern meinen Ruhm durch Treu zu übersteigen

Vnd kracht der Himmel / sich behertzter zu erzeigen

Ja suchen


Fairfax und seine Gemahlin.


Wie daß ich mein Licht sie alhir find?

GEMAHLIN.

Wie daß die Gäste schon / mein Trost / geschiden sind?

FAIRFAX.

Mein Engel! es wird spät! auch weiß sie zu was Sorgen

Der nahe Tag uns ruff'.

GEMAHLIN.

Es muß ihn nechster Morgen

In neuer Ehre schaun!

FAIRFAX.

Mein Trost zu ihrer Ehr.[14]

GEMAHLIN.

Wahr ists das für und für ich neuen Ruhm anhör /

Den seiner Tugend nur mein Glück allein zu dancken /

Sein hoher Name wird / weil Menschen stehn / nicht wancken.

Er hat der Länder Recht auff festen Fuß gesetzt.

Er hat den schwachen Statt / der tödtlich fast verletzt

Durch Königliche Sig' / aus letzter Angst gerissen.

Es wird von seinem Fleiß die greise Nach-Welt wissen;

Krafft des Er beyde Reich vereinigt / und durch Macht

Mehr durch Verstand zu Ruh und in Gehorsam bracht.

Er siht was wider Ihn Schwerdt oder Stahl erhoben;

Gebunden oder tod. Die Völcker sind verstoben

Die so von West als Nord mit neuer Glutt gedreut.

FAIRFAX.

Die Flott ist uns zu Dinst und Stuards Heer zerstreut.

GEMAHLIN.

Gantz Albion gestehts daß seine tapfre Thaten

FAIRFAX.

Bey höchst verwirrtem Werck' und über Wundsch gerathen.

GEMAHLIN.

Kont' etwas auff der Welt mir angenehmer seyn?

Mir / die ich vor der Welt durch seine Stralen schein?

Mir / die in keuscher Eh der grosse Fairfax libet /

Mir / der er seine Seel' allein zu eigen gibet /

Mir / der ich Brittens Ruhm in Hertz und Armen schliß;

Die außer Ihm mich selbst und Welt und alles Miß?

FAIRFAX.

Mein Licht ihr hoher Geist / und die erläuchten Sinnen /

Die auch der Glider Ros' und Liljen abgewinnen.

Die immer neue Glutt die ich in Ihr verspür:

Verbinden mein Gemütt auff stets. Ich hab an Ihr

Das Höchste was Gott hir den Menschen kan verleihen.

GEMAHLIN.

Ich kan mich aller Gunst des leichten Glücks verzeihen[15]

Nun der geneigte Gott dem Helden mich vermählt /

Dem keiner sich vergleicht. Nun mich der Held erwehlt

Der ein verbunden Hertz auch unvergleichlich libet.

FAIRFAX.

Ein Hertz das Anlaß stets zu neuer Libe gibet.

GEMAHLIN.

Auch wol zu neuen Ruhm (da mir zu reden frey.)

FAIRFAX.

Mein Engel! Sie begehr / es sey auch was es sey.

GEMAHLIN.

Ich weiß / mein Leben kan mir keine Bitt abschlagen /

FAIRFAX.

Eh' wolt ich Stahl und Qual und grimsten Tod' ertragen.

GEMAHLIN.

Ich fuß' auff dise Gunst und bring Ihm etwas vor

Was aller Zeitten Zeit mit nie verstopfftem Ohr

Von ungemeinem Ruff wird ewig preisen hören:

Mein Licht! Ich ruff ihn auff die Staffel höchster Ehren.

FAIRFAX.

Ich weiß ihr hoher Geist durchforscht der Sachen Grund /

Vnd gab wol ehmals ihr schön' Anschläg in den Mund.

Sie melde was sie wündscht. Ich hör es sonder weigern.

GEMAHLIN.

Ein Stück ists daß sein Lob kan auff unendlich steigern.

Ich heische Tapferkeit: doch die gar ungemein.

Kan mein Gemahl was mehr / denn höchst-großmüttig seyn?

FAIRFAX.

Worinnen soll ich doch die Tapferkeit erweisen?

GEMAHLIN.

In dem daß er verzeih und Gnad uns lasse preisen

FAIRFAX.

Gnad und verzeihen? Hertz wie? mangelt diß in mir?

GEMAHLIN.

Anitzt! Er stell ihm Herr des Königs Vrtheil für?

Anitzt ists Zeit sein Angst / doch mässig / zu versüssen.

Anitzt ists Zeit die Band und Kercker auffzuschlissen.

Was spilt Gelegenheit Ihm Herr nicht in die Hand?

Wird diser Tag verschertzt / läst er diß teure Pfand

Der Tugend Ihm entgehn; So ists auf stets verlohren.

Mein Licht. Er steht bestürtzt? Was hat er nicht geschworen3

Als er in Calidon – – –

FAIRFAX.

Ach Hertz! was gibt sie an!

Diß ist ein Rath der Beid' auff ewig stürtzen kan.[16]

Libt mich mein Trost nicht mehr? und solt ich diß wol glauben?

So ist es schon genung die Seele mir zu rauben.

Libt sie dann (wie sie pflag) so reitzt der Vberfluß

Von Ehrendurst sie fort zu unbedachtem Schluß /

Der mir den Hals abspricht / und sie in tiffste Schmertzen

Vertäufft. Wo denck' ich hin? Es läst sich hir nicht schertzen.

So bald der König nur auff freyen Fuß gestelt;

So schleust der Kercker mich der Ihn geschlossen hält.

So werd auff dem Gerüst das vor Ihn auffgebauet /

Ich bluttig und enthalsst / statt seiner angeschauet.

Drumb schlage sie / mein Licht / den Anschlag aus der Acht

Wo eine Gunst zu mir in ihrem Hertzen wacht.

Sie glaube daß ich nicht was von Ihr komt verwerffe;

Nur daß ich nicht das Beil auff meinen Nacken schärffe.

Sie glaub ich achte nicht zu vil mein eigen Heil;

Doch ist ihr Leben mir und Wolfahrt noch nicht feil.

Gesetzt auch daß ich Sie aus meiner Seelen stelte;

Vnd selbst auff mich und sie so grimmig Vrtheil fällte;

Wird nicht der Heere Macht nechst dehnen widerstehn /

Die mir schir jede Stund an beiden Seitten gehn?

Wird Cromwel Stadt und Land und Reich nicht auff mich hetzen?

Wird nicht das Vnterhauß sich grimmigst widersetzen?

Mein Licht! den Rath laß ich auff seinen Würden ruhn:

Doch läst was herrlich scheint und gutt / nicht stets sich thun.

GEMAHLIN.

Es sey daß ich mich nicht nach Vorsatz hab erklehret;

Es sey daß er was ich / nicht unbedacht / begehret

In Eil hab überhört (wie leicht ein Wort verrinnt

Wann der bemühte Geist nur nach den Sachen sinnt /)

Mein Herr beachtet nicht die Richt-schnur meiner Bitten.

FAIRFAX.

Ich weiß / Ihr Vorsatz kommt aus hochgesinnten Sitten.[17]

GEMAHLIN.

Mein Herr / diß ist es nicht was er erwegen soll.

Er denck' auff meine Red' und so kommt alles woll.

Anitzt ists Zeit sein Angst / doch mässig zu versüssen

Ich wil Gnad und dennoch Maß in Genade wissen.

Er hat der Länder Heil / der Häuser Recht versehrt /

Er hat der Britten Ruh durch grimmen Krig verstört /

Er ist nicht wehrt das Schwerdt und Reichs-stab mehr zu führen;

Es sey! ich steh es zu / er soll den Hals verliren:

Mein Hertz das ist zu vil / hir / hir /

FAIRFAX.

Recht! ich versteh

Wo mich Vernunfft nicht treugt; worauff mein Engel geh.

GEMAHLIN.

Ich bitt / umb / was ihm leicht zuthun

FAIRFAX.

Vmbs Königs Leben?

GEMAHLIN.

Recht / doch so / daß er sich durchauß nicht könn' erheben /

Noch wider Reich noch uns

FAIRFAX.

Ich hör es was sie mein' /

Sie wil das Carl vergeh' / in langer Kercker Pein?

Ach Hertz! es ist sehr schwer vor ein durchlaucht Gemütte!

Meint sie das Stuard selbst bewillig ihre Bitte?

Nein sicher! so ein Geist der nicht an Erden klebt /

Der nimand dinen kan / der durch die Lüfften schwebt

Verlacht den grimsten Tod / und zagt ob stetten Banden.

Das Beil krönt seinen Ruhm / die Fessel seine Schanden.

Sie dann versichre sich / das Carl sein Ende küß /

Daß Ihn der kurtze Tod aus langer Qual entschliß /

Daß Ihn nichts schwerer drück' als Kerker / Wach' und Schlösser /

Das Gnade die sie sucht nicht seinen Stand verbesser /

Wol seine Noth vermehr'! Ach! wer Mitleidens voll;

Spürt numehr was man itzt dem Fürsten wündschen soll!

GEMAHLIN.

Das Carl in stetem Weh' in Stanck und Kercker schmachte /[18]

Daß Ihn was vormals Ihm zu Willen stund verachte;

Ist gantz mein Vorsatz nicht. Wer so vergraben sitzt;

Ist mehr denn lebend todt er hört was auff Ihn spitzt /

Er fühlt wie er verhönt / beseufftzt was er verlohren /

Es scheint ob würd' er stets zu Schmertzen neu geboren /

FAIRFAX.

Was schlägt sie mir denn vor / zu lindern seinen Stand.

GEMAHLIN.

Man schick Ihn durch die See in ein benachbart Land.

FAIRFAX.

Wie Hertz! daß er uns frey zu neuer Rach' entrinne?

GEMAHLIN.

Vnd neue Gunst zu uns durch Gunst bestürtzt gewinne.

FAIRFAX.

Daß er was Freund / was Feind auffs neu auf uns erreg?

GEMAHLIN.

Schaut wer den Harnisch itzt zu seinem Dinst anleg

FAIRFAX.

Es kan ein kleiner Funck' ein grosses Feur entzünden.

GEMAHLIN.

Wer ligt; der ligt! und wird noch Freund noch Mittel finden.

FAIRFAX.

Man seh was schon geschehn und noch geschehen kan

GEMAHLIN.

Fill Albion ein Feind mit Nutz von aussen an?

FAIRFAX.

Hat nicht Iberien die weite See bedecket?

GEMAHLIN.

Wich nicht Iberien durch uns're Macht geschrecket?

FAIRFAX.

Verwarlost ich nicht so des Reichs gemeine Ruh?

GEMAHLIN.

Ihm steht die Ruh des Reichs durch Macht zu schützen zu.

FAIRFAX.

Ach daß ich sie und uns nicht durch diß Stück gefähre!

GEMAHLIN.

Er schütze sich und uns durch Krafft verschworner Heere.

FAIRFAX.

Diß Stück siht seltzam aus / und macht mich gantz verdacht.[19]

GEMAHLIN.

Bey dehm nicht der was Gutt und Tapferkeit betracht.

FAIRFAX.

Die Tapferkeit gehört in Schulen vor die Jugend.

GEMAHLIN.

Verzeiht dem Feind'! es ist die schönst und höchste Tugend.

FAIRFAX.

Mein Feind ist Stuard nicht / nun er mir nicht mehr gleich.

GEMAHLIN.

Vnd wündscht mein Trost zu sehn sein höchst-beschimpfte Leich?

FAIRFAX.

Sie weiß / ich habe nicht das Vrtheil außgesprochen?

GEMAHLIN.

Wer es nicht hemmen wil; hat selbst den Stab gebrochen.

FAIRFAX.

Das Heer schlug nach dem Spruch noch Rettungs-Mittel vor.

GEMAHLIN.

Ich rühms daß er sie nicht zu seinem Schimpff' erkohr.

FAIRFAX.

Wer seine Sach umbstöst; muß doch den Mutt erheben.

GEMAHLIN.

Er denck' an Jesus Wort / Vergib / wie wir vergeben.

Mein Trost! er nehme doch des Höchsten Lehr in acht!

Wie wil er doch fort an der heilig-Höchsten Macht

Fußfällig seyn / mein Licht? und eine Gnade hoffen;

Wofern sein Hertz nicht itzt Gott mir und König offen?

Doch ist des Königs Heil hir nicht mein höchstes Zil;

Sein eigen Ruhm und Ehr ists was von ihm ich wil.

Er mißgönn ihm nicht selbst mein außerkornes Leben;

Das Lob das alle Welt der Tapferkeit wird geben /

Die König in die Band aus ihrem Thron verstiß /

Vnd König aus dem Band' und schwersten Tode riß.

Der Tapferkeit / die den / der uns vorhin verletzet:

Aus Schmach und Hohn und Grufft in volle Freyheit setzet.

Die was noch unerhört uns von sich hören liß;

Vnd was ohn Beyspil ist durch erstes Beyspil wiß.

Mein Trost! Er schaue mich vor seinen Füssen ligen /[20]

Ich wolte mein Gesicht biß zu der Erden schmigen:

Wenn dise Bittens Art ihn nicht verdächtig macht;

Als ob er sonder Geist und nichts was trefflich acht.

Idennoch mangelt diß / und sind durch solche Zeichen /

O aller Helden Blum die Sinnen zu erweichen;

So sinckt sein Ehgemahl auff die gebeugten Knie:

Er gönne mir den Tag / da ich

FAIRFAX.

Mein Leben! wie?

Glaubt sie / das nunmehr ich nicht bey mir selbst befinde;

Wie trefflich daß man sich des Vorschlags unterwinde.

Ja geh ich was sie wündscht nicht / wo nur möglich ein;

So wil ich ihrer Eh und Hold nicht würdig seyn.

Doch fält die Zeit sehr eng' / auff wehn ist hir zu bauen?

Ich darff dem Cromwel nicht / noch Hunck / noch Hackern trauen.

Vir Heere sind bestelt zu Carols Traur-Geleit

GEMAHLIN.

Er schaffe Phray und Hunck und Hackern an die seit.

Kan hir sein Leibheer nicht den besten Dinst verrichten?

FAIRFAX.

Wo zwey drey ander mir und sonder falsch beypflichten.

GEMAHLIN.

Er wag es auff die zwey / die uns noch heut ersucht.

FAIRFAX.

Es wäre (wenn sie eins mit uns) nicht sonder Frucht.

GEMAHLIN.

Was schadets wenn man sich mit ihnen recht vernehme?

FAIRFAX.

Die Morgenstund' ist nur zu disem Werck bequeme.

GEMAHLIN.

Ach wo sie willig sich erbitten zu dem Stück!

FAIRFAX.

So geht der Vorsatz fort.

GEMAHLIN.

O höchst-gewündschtes Glück!

Ach mein Herr? sucht er mich mit Worten einzuwigen?[21]

FAIRFAX.

Wie? glaubt sie daß ich sie / mein Engel kan betrigen?

GEMAHLIN.

Ach nein! doch grosse Furcht folgt grösserm Hoffen nach.

FAIRFAX.

Ich geb ihr meine Faust auf was mein Mund versprach.

Sie folg'! Ich geh zur Ruh' / es ist fast spät


Die Gemahlin allein.


O Stunden!

Fliht Stunden fliht! kom Tag dein Heil ist Fürst gefunden

Es trotze Portugal auff der Princesse Mutt.

Die ihres Ehgemals durch Furcht beeystes Blutt

Erwärmt / und Ihn den Thron beredet zu besteigen /

Von dem er sich noch itzt der Welt gekrönt kan zeigen.

Ich hab' erhitzten Grim durch Sanfftmutt abgekühlt.

Ich rett' umb dessen Cron und Ehr und Haubt man spilt.

Vnd wo der Höchst ihm noch was er verlohr wil schencken ....

Idoch! mein Geist halt inn'! Ich darff so weit nicht dencken.

Vor itzund ists genung daß er den Leib erhalt

Vnd sich gewündscht entzih der rasenden Gewalt.

Ich könt außdrücklich zwar dem Ehgemal entdecken

Wer unser; doch es dörfft auch argen Wahn erwecken

In der gelibten Brust die sich gemeine macht

Durch so geheimen Schluß; reitzt offtermals Verdacht

Auff ihre reine Seel / vil können kaum ersinnen

Wie frembde Männer bloß durch Tugend zu gewinnen.

Drumb besser daß mein Herr die zu der That verpflicht

Die schon Verstand und Geist nach meinem Zweck gericht.


[22] Hugo Peter. Wilhelm Hewlet. Daniel Axtel.


PETER.

Du wirst gantz Albion den höchsten Dinst verrichten.4

Du wirst den langen Zanck durch Gottes Richt-Axt schlichten /

Du wirst der Samuel auff unsern Agag seyn.

Du rettest Christus Kirch' und schützest die Gemein.

Du sel'ge Faust! du wirst des Mörders Blutt vergissen /

Der Ertzverräther wältzt sich schon vor deinen Füssen.

Nach disem Donnerschlag wird Ruh und Lust auffgehn;

Dein Ruhm wird mit der Sonn' an ihrem Himmel stehn.

DANIEL AXTEL.

Der Stats-Rath welcher hoch durch solche That verbunden;

Beschenckt zum Denckmal dich mit zweymal funfftzig Pfunden5

Auch wil man in Jern vor dich bemühet seyn;

So bald ein Ehrenstand dort offen; ist er dein.

HEWLET.

Es mangelt nicht an Mutt / es mangelt nicht an Stärcke

Mich reitzt ein inrer Trib zu dem durchlauchten Wercke.

Ich schätz' es hoch / daß ich vor Reich / Kirch / und Gemein

Bey dem Schuld-Opfer sol der hohe Prister sein.

Brich an gewündschtes Licht! der Arm sol Britten rächen;

Vnd darthun was gehör' auff König' ihr Verbrechen.

Die eigen Herrschafft ligt mit Stuards schnöder Leich.

Vnd der so große Baum fält ab mit einem Streich.

PETER.

Er fall' / anitzt ists noth damit das Werck gelinge /

Zu sinnen auff was Art man Stuards Hochmut zwinge.

Wann er der Straffe sich mit Kräfften widersetzt /

Auch selbst das Beil erwischt und den und die verletzt.

AXTEL.

Wird das Gerüste nicht mit Waffen gantz umbgeben?[23]

Wie könt er wider uns auch nur ein Aug' erheben

Daß er nicht stracks

PETER.

Mein Freund / diß ists was ich befahr.

Wenn er von Zorn erfrischt verzweifelt in die Schar

Sich ob dem Schauplatz stürtzt / so würd er fechtend sterben;

Hergegen sol die Schmach des Beils den Tod erherben.

Diß ists wohin ich zil'.

AXTEL.

In Warheit / wol bedacht!

HEWLET.

Stelt unter das Gerüst' ein außerkorne Macht.

Die (rühr ich einen Fuß) mir bald zu Hülff erscheine /

Mit Dolchen wol versehn.

PETER.

Du sihst nicht was ich meine!

Das Vrtheil wird verletzt / stürb er durch ihren Stoß.

Man scheide Kopff und Leib. Diß ists was ider schloß.

HEWLET.

Wil er nicht willig knien; so knie er denn gezwungen!

Man faß Ihm Arm und Haubt so bald er wird besprungen.

AXTEL.

Ihr wißt wol das aus Wahn nicht jder Hand anlegt;

Wann das gezuckte Beil nach blossem Nacken schlägt.

PETER.

Man lasse Klammern dann und Sprengen6 fertig machen

Vnd spann' Ihn / sperrt er sich / bey so bewandten Sachen

Mit Fesseln an das Klotz / kein Schimpff ist hir zu groß

Genung daß nicht sein Blutt aus Hertz und Glidern floß

Nach gantz zustücktem Leib'.

HEWLET.

Ich spür es sey das beste

Man mach Ihn / auff den Fall / durch die versteckten feste /

Der Helm schliß' ihr Gesicht vor aller Vorwitz ein.[24]

PETER.

Der Richt-Block mag wol auch was mehr denn nidrig seyn.

AXTEL.

Vmb Ihm wie tiff er sey gefallen vorzustellen.

PETER.

Vmb Ihm wie er verdint den Todskelch zu vergällen.

Wol ich geb alles an! so bald die Nacht vorbey;

Stelt beyd euch zu mir ein.

HEWLET.

So bricht der Thron entzwey.


Chor der ermordeten Engelländischen Könige.


I. Chor.


Die heisse Pest die Kirch und Herd /

Vnd gantze Reich in nichts verkehrt /

Auffrühr / das Ebenbild der Hellen /

Daß die mit Blutt gefärbten Wellen /

Mit tausend Leichen überdeckt

Vnd das verderbte Land befleckt /

Wil nach den Bürgerlichen Krigen /

Auff Stuards trübem Mord-Platz sigen.


I. Gegen-Chor.


Was hat dich Albion erhitzt?

O Land mit Königs Blutt durchspritzt?

Machst du mit einem tollen Streiche

Dich selbst zu einer todten Leiche?

Das Beil daß du auff Carlen wetzt

Wird deiner Ruh' an Hals gesetzt.

Habt ihr wol je nach unsern Wunden

Ihr Königs Mörder Ruh gefunden?


I. Abgesang.


Herr der du Fürsten selbst an deine stat gesetzet

Wie lange sihst du zu?

Wird nicht durch unsern Fall dein heilig Recht verletzet?

Wie lange schlummerst du?
[25]

II. Chor.


Wahr ists! ein Fürst der frevelt dir /

Vnd du hast Mittel da und hir /

Dein Recht / das ewig Recht muß zihren /

Durch Menschen Vnrecht außzuführen.

Wird aber das verkehrte Reich /

Erquickt durch seines Königs Leich?

Vnd steht es frey den Mord zu wagen

Vnd die Gesalbten außzutagen?


II. Gegen Chor.


Zu tagen vor ein blindes Recht!

Da über Herren spricht ein Knecht!

Da was der Vnterthan verbrochen /

Wird durch des Fürsten Mord gerochen.

Des Fürsten / dessen höchste Schuld

Kein ander / als zu vil Geduld!

Wird diß mit Wolthun noch beschönet?

Heist daß nicht Recht und Gott verhönet!


II. Abgesang.


Meer / Himmel / Lufft und Erd' hat sich auff dich verschworen /

Verblendet Brittenland!

Die Straffen brechen ein! du hast dein Haubt verloren

Vnd taumelst in den Sand!


III. Chor.


Ach! Insel rauher denn dein Meer!7

Die jederzeit der Mörder Heer

Auff deine Printzen außgeschicket /

Die du Meyneydig hast verstricket.

Wer fil nicht hir nach herbem Hohn

Durch Schwerdt / durch Pfeil / durch Gifft vom Thron.[26]

Nur diß ist new: mit tollen Händen

Der heil'gen Themis Richt-Axt schänden.


III. Gegen Chor.


Auff neue Laster zeucht auch ein

Der unerhörten Straffen Pein!

Krig / Erdfall / Seuchen / faule Lüffte

Gehn noch nicht gleiche deinem Giffte.

Was eines jeden der gekrönt /

Vnd durch dich hinfil / Mord außsöhnt;

Wird wider dich zu Felde zihen.

Wer kan des Höchsten Faust entflihen?


III. Abgesang.


Weicht Geister! Britten ist kein Ort vor stille Seelen!

Entweicht dem Traurgericht!

Entziht dem Mord-Tumult / der ungeheuren Hölen /

Eur weinend Angesicht.

Quelle:
Andreas Gryphius: Carolus Stuardus. Stuttgart 1972, S. 13-27.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Carolus Stuardus
Carolus Stuardus

Buchempfehlung

Lessing, Gotthold Ephraim

Miß Sara Sampson. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Miß Sara Sampson. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Die tugendhafte Sara Sampson macht die Bekanntschaft des Lebemannes Mellefont, der sie entführt und sie heiraten will. Sara gerät in schwere Gewissenskonflikte und schließlich wird sie Opfer der intriganten Marwood, der Ex-Geliebten Mellefonts. Das erste deutsche bürgerliche Trauerspiel ist bereits bei seiner Uraufführung 1755 in Frankfurt an der Oder ein großer Publikumserfolg.

78 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon