4. Die Sage von der Abstammung der Hohenzollern von den Colonna's.

[9] Es hatte einst der italienische Fürst Petrus Colonna sich mit etlichen andern vornehmen römischen Herren verbunden, Gregor VII., vorher Hildebrand geheißen, nicht als römischen Papst anzuerkennen, weil seine Wahl eine nichtige und vom Kaiser nicht bestätigte sei. Darauf hätten die Verschworenen sich des Papstes bemächtigt und ihn gefangen gehalten, allein es sei ein Aufruhr entstanden, in Folge welches der Pöbel den Papst befreit und die Verschworenen aus Rom vertrieben habe. Von dieses Petrus Colonna Söhnen habe sich ein gewisser Ferfridus, nachdem seine übrigen Blutsverwandten sich durch einen Fußfall mit dem Papst ausgesöhnt, nach Deutschland begeben und sei zum Kaiser Heinrich IV. geflohen, der, nachdem er die Ursache seiner Verbannung erfahren, ihn gar gnädig bewillkommnet und ihn wider Rudolph, Herzog von Schwaben, den Papst Hildebrand zum Kaiser erwählt und die Krone zugesendet hatte, im J. 1080 mit ins Feld genommen habe, wo er dann in dem blutigen Treffen bei Merseburg große Proben seiner Tapferkeit habe sehen lassen. Er habe die feindlichen Schaaren wie im Blitz getrennt und dergestalt Platz gemacht, daß er endlich an des rebellischen Kaisers Rudolphi Leibwacht gerathen, welche er gleichfalls in die Flucht gejagt, und endlich in solchem Nachhauen dem Rudolpho die verrätherische Hand, welche er wider seinen Herrn und Kaiser gewaltthätig gezucket, doch gleichwohl vorhero zur Ablegung der Pflicht meineidig aufgehoben, mit einem gewaltigen Streich vom Arme abgesondert, welche That allein die Ursache gewesen, daß der unbillig aufgeworfene Kaiser sein Unrecht erkennet, und denen[9] anwesenden Bischoffen, die ihn wider Kaiser Heinrichen aufgewiegelt, zugeruffen: Dieses ist die Hand, welche ich zum Meineid gen Himmel erhoben und hernach wider meinen Herrn und Kaiser durch Euere Verführung verrätherisch gezuckt habe. Dieses Heldentreffen hätte zwar noch mehr als eine kaiserliche Gnade verdient, Ferfridus aber soll sich mit erlangter Ehre und einem Stücklein Landes, welches dem überwundenen Herzog Rudolph zuständig gewesen, begnüget haben, welches ihm als einem Reichsgrafen eingeräumt worden. Bald darauf habe der neue Graf Ferfridus in seinem so tapfer erfochtenen Lande ein ansehnliches Schloß gebauet, welches er zum Gedächtniß des in Latio verlorenen Hauses Zagarolla genennet, und solches haben die Schwaben in ihrer Rede-Art zerstümmelt Zollern ausgesprochen, von dem noch diese Benennung dem uralten gräflichen Hause geblieben.35 Da nun die Colonnas in ihrem Wappen eine Säule führen, zum Andenken an jene Säule, an der Christus unser Heiland gegeißelt wurde, und diese in der Stadt Damiata den Sarazenen abgenommen haben, so hat man das Scepter in dem Brandenburgischen Wappen, welches aber das hohe Erzkämmereramt andeutet und dem regierenden Churfürsten allein zukommt, auf diese Säule deuten wollen.36

35

Eine andere Erklärung dieses Namens s. unten S. 14.

36

So nach Reineccius, Orig. Brandenburg. Stirpis bei I. Wfg. Rentsch, Brandenburgischer Ceder-Hain. Bareuth o.I. (1682) in 12. S. 5 etc. Nach Mrt. Crusius, Annal. Suev. B. II. C. VI. c. 8. wäre jener Papst nicht Hildebrand, sondern Paschalis II. gewesen, und der genannte Ferfridus nicht zu Heinrich IV., sondern zu Heinrich III. gekommen. Nach Angermann, Churbrandenb. Chronik S. 347 etc. wäre die Sache umgekehrt, und die Colonna's kämen von den Zollern her.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 9-10.
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