9. Bruno von Flittert, der Schenk von Berge.

[12] (Nach Montanus Bd. II. S. 290 etc.)


Zu Anfange des 13. Jhdts. war ein gewisser Bruno von Flittert der Schenk des Grafen von Berge, Heinrich von Limburg. Derselbe hatte diese Stelle darum bekommen, weil er wohl der stärkste Trinker seiner Zeit war. Man erzählte von ihm, er habe eine Kanne Weins, so schwer als sie ein starker Mann mit einer Hand kaum zu tragen vermochte, auf einen Zug austrinken können. Er soll eines Tages auch ein großes Fuderfaß vom Boden aufgehoben, bis an den Mund geführt und dann aus dem Spundloche so wacker getrunken haben, daß es beim Absetzen bemerkbar leichter ward. Dazu kam noch, daß während er die berühmtesten Trunkhelden und Weinprahler stets sehr bald unter den Tisch trank, er selbst, trotzdem daß er an einem Tage soviel trank als er schwer war, doch niemals betrunken war, sondern zu allen Verrichtungen gleich geschickt blieb. Weil er sich nun aber aus der Kirche nicht viel machte und sich lieber in lustiger Gesellschaft, als bei Messen und Predigten sehen ließ, so kam es, daß er in den Ruf kam, er stehe mit dem Schwarzen im Bunde und dieser gebe ihm die Macht, ohne berauscht zu werden, so viel zu trinken. So tapfer[12] aber wie er bei Trinkgelagen war, ebenso mannhaft zeigte er sich in der Schlacht und bei mancher Fehde seines Herrn hatte er nicht wenig zum Siege beigetragen. Als nun Kaiser Friedrich II. sich zu einem Kreuzzuge nach Palästina rüstete (1228) und hierzu auch Heinrich, der Graf von Berge aufgeboten ward, da blieb auch der tapfere Schenk nicht daheim, sondern begleitete seinen Herrn. Zuerst begaben sie sich nach Palermo, wo damals der Kaiser Hof hielt und hier hatte der Schenk bei den Hoffesten die beste Gelegenheit seine Fertigkeit im Trinken zu zeigen. Bei solch einem Gelage kam es denn auch eines schönen Tages zu einem Gespräch über die feuerspeienden Berge und der Kaiser, der bekanntlich selbst ein Gelehrter und Naturforscher war, meinte, es müsse wohl einem wackern Mann Ehre bringen, wenn er in den Schlund des Kraters des Aetna hinabsteige und zu erforschen wage, wie es da aussehe. Dies hielten zwar Viele, namentlich die Geistlichen, für eine vermessene Handlung, weil sie meinten, daß die feuerspeienden Berge Thore zum Fegefeuer seien. Da versetzte, ohne sich zu besinnen, der tapfere Flittert, »und wenn der Weg gerade zur Hölle führe, er wolle hinabsteigen und zusehen, was es da unten gebe«. Trotz aller Widersprüche und Abmahnungen reisete er sogleich nach dem damals gerade ruhigen Aetna und nachdem er einige Kannen Weins genossen, stieg er hinab. Lange harrten seiner die Gefährten, allein er kehrte nicht wieder, und als am andern Tage der Berg wieder zu toben anfing, ward sein Tod nur zu gewiß. Da sprachen die Geistlichen, er sei seines Trinkens halber lebendig in die Hölle gefahren, und stellten sein trauriges Ende auf als ein warnendes Beispiel der Schlemmerei.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 12-13.
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