151. Hofer mit dem langen Bart.

[167] (S. Gödsche, Schlesischer Sagenschatz. Meißen 1839 S. 35.)


Zur Zeit Kaiser Karls V. lebte zu Breslau ein Weißgerber, Namens Franz Hofer, der hatte einen so langen Bart, daß er ihm bis auf die Sohlen seiner Füße reichte. Nun ließ sich damals gerade zu Wien ein Welscher, der einen sehr langen Bart hatte, für Geld sehen, allein zwei Rathsherrn aus Breslau, die gerade damals zu Wien waren, erklärten öffentlich, in ihrer Vaterstadt lebe ein Mann, der einen viel längeren besitze.

Der Kaiser wollte ihnen anfänglich nicht glauben, endlich aber befahl er, der Weißgerber solle auf seine Kosten nach Wien kommen, wenn er den Sieg über den Welschen davontrage, solle er sich eine Gnade von ihm ausbitten[167] dürfen. So geschah es auch, der Hofer reiste nach Wien, ward dem Kaiser vorgestellt und als dieser seinen Bart mit dem seines Nebenbuhlers verglich, erkannte er dem Schlesier unbedenklich den Preis zu. Er forderte hierauf denselben auf sich eine Gnade auszubitten, allein dieser, ein reicher und bereits hochbejahrter Mann, erwiederte, er bedürfe nichts, allein wenn ihm der Kaiser eine Gnade bewilligen wolle, so möge er befehlen, daß wenn er gestorben sein werde, der gesammte Breslauer Rath bei ihm mit zur Leiche gehen solle. Solche Ehre ist ihm auch bewilligt worden und das Grabmal Hofer's mit dem Barte noch heute in der Kirche zu St. Barbara zu sehen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 167-168.
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