524. Das Gottesurtheil zu Elbing.

[538] (S. Hennenberger S. 119.)


In Elbing ist einmal ein Wirth Namens Michel Burkhardt gewesen, bei dem haben Landsknechte des deutschen Hochmeisters im Quartier gelegen, die ihn nicht bezahlt haben, er hat zwar Klage geführt bei ihrem Hauptmann Brachwagen, weil er aber keine Hilfe gefunden und selbst viele Schulden hatte, so mußte er nach Königsberg flüchten, wo er sich in einen Anschlag gegen die Stadt einließ, der aber nicht gelang. Nun kam es aber heraus, daß seine Frau und Mutter und die Frau eines Elbinger Entenfängers, die lahm war und deshalb an zwei Krücken ging, darum gewußt hatten. Letztere ward zum Ersäuftwerden verurtheilt, auf die hohe Brücke geführt und gebunden in den Elbingstrom gestürzt. Sie blieb lange auf dem Grunde, also daß Jeder glaubte, sie werde nicht wieder in die Höhe kommen. Auf einmal aber brachte sie der große Strom auf, da schrie das versammelte Volk: »Sehet, welch' ein Mirakel ist das, denn sie hat allezeit geschrieen, sie sei unschuldig, und hat St. Jacob, wie im Papstthum gebräuchlich, angerufen.« Dann ist sie stromabwärts geschwommen und an einem großen Kienrahmen hängen geblieben, deren viele mit Ketten auf beiden Seiten des Landes befestigt im Strome liegen um die Feinde abzuhalten nicht stromaufwärts zu kommen. Als sie nun eine Weile dort hing, zwang sie der Strom unten hinweg, sie aber blieb stets dabei, St. Jacob anzurufen. So trieb sie der Strom hinab bis zu der rothen Fischerbude, die damals abgebrannt war, dort wollte sie der Büttel wieder ins Wasser stoßen, allein die Handwerksgesellen trieben denselben in die Stadt und lösten ihre Banden, weil sie Gott zum Zeugen anrief, daß sie unschuldig sei, dann hat man sie auf einen Wagen gesetzt und zu ihrem Mann nach Tolkemit geführt. In Folge dieses Mirakels hat man aber die zwei andern Weiber auch frei gelassen und nur aus der Stadt vertrieben.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 538.
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