775. Günther von Schwarzburg.

[691] (S.d. Limburg. Chronik S. 12. Enslin S. 47 etc., nach Lersner I. S. 77.)


Als im Jahre 1347 der deutsche Kaiser Ludwig V., der Baier, gestorben war, war eigentlich schon ein Nachfolger desselben vorhanden, denn bereits bei seinen Lebzeiten war auf Betrieb des damaligen Papstes, Klemens VI., ein Gegenkönig in der Person des Markgrafen von Mähren, des nachmaligen Karls IV. gewählt worden. Allein die Freunde Ludwigs erkannten diesen letztern nicht an, sondern trugen die deutsche Kaiserkrone dem Freunde desselben, dem tapfern Grafen Günther von Scharzburg an. Er nahm auch die auf ihn am 1. Januar 1349 im Predigerkloster zu Frankfurt a.M. gefallene Wahl an und am 8. Februar fand auf dem Samstagsberg die feierliche Huldigung der Bürger von Frankfurt statt. Gleichwohl gab aber Karl, sein Gegenkönig, das Spiel noch nicht verloren, sondern suchte auf andere Weise zum Ziele zu kommen. Es befiel zufällig damals, vielleicht in Folge der gerade zu Frankfurt grassirenden Pest, Günthern ein leichtes Unwohlsein, derselbe suchte also Hilfe bei seinem Arzte, einem gewissen Freidank von Heringen. Als nun dieser den von ihm gebrauten Trank, den er dem Kaiser sehr anrühmte, demselben in die Hand gab, überfiel Günthern auf einmal Mißtrauen und er befahl dem Arzte den Trank halb auszutrinken. Als derselbe dies gethan, trank dann der Kaiser den Rest. Der Arzt aber ist drei Tage nachher Todes verblichen und im Kreuzgang der Bartholomäuskirche, welchem Stifte er zuvor etliche Einkommen verordnet hatte, wie die Documente davon noch jetzt vorhanden sind, begraben worden, König Günther[691] aber ist von dem Tranke geschwollen und nach längerem Siechthum am 14. Juni 1349 verstorben. Man glaubte übrigens damals, der Arzt selbst habe von dem Gifte nichts gewußt, sondern entweder sein Diener oder ein Dominicanermönch, Namens Jacob, dasselbe erst in den Trank hineingethan. Der arme Kaiser ist aber mit aller Pracht in der Domkirche beigesetzt und ihm nach drei Jahren von seinen Freunden im Dom ein Denkmal errichtet worden. Es ist dies ein Stein, auf welchem ein Ritter in voller Rüstung dargestellt ist, mit Heiligenbildern und Wappen umgeben. Ueber seinem Haupte halten zwei langbärtige Männer zwei fliegende Blätter, worauf eine nicht eingehauene, sondern nur darauf gemalte, jetzt halb verwischte Inschrift, von der gegenwärtig nur noch wenige Worte ganz zu erkennen sind, und die auf die Art von Günthers Tod schließen lassen, zu lesen ist, die (vervollständigt) so lautet:


Falsch. undruwe. schande. tzymt.

Der falschen Untreue Schande ziemt,

des. stede. druwe. schaden. nymt

Weil durch sie stete Treue Schaden nimmt

undruwe. nam. gewinnes. hort.

Die Untreue nahm des Gewinnes Hort

undruwe. falsch. mit. giftes. Wort.

Die Untreue ist falsch mit (wie) Giftes Wort


Dieses Denkmal stand sonst in der Mitte des Chores und war mit einem Kasten bedeckt, der eine Thüre zum Hineinschauen hatte und mit einem Teppich verhüllt war. Im Jahre 1743 lies es Karl VII. wegnehmen und es aufrecht in die Wand einmauern, rechts im Chore der Domkirche, neben der kaiserlichen Wahlkapelle, wo es noch steht. Nach dem Bilde des Ritters auf dem Grabdenkmal ist übrigens das Bild Günthers im Kaisersaale gemalt.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 691-692.
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