900. Der Name von Ulrichstein.

[773] (S. Landau a.a.O. Bd. IV. S. 111 etc.)


An dem westlichen Ende des Vogelsberges in Oberhessen erhebt sich ein Basaltkegel ohngefähr 1924 Fuß über die Meeresfläche, dessen Gipfel die Reste des Schlosses Ulrichstein trägt, und an dessen nordöstlichen Abhang,[773] der Ebene zu, sich das gleichnamige Städtchen lehnt. Dieses Schloß wird aber vom Volke Mühlstein (früher Molesstein) genannt. Der Gründer desselben war aber ein Graf, der jedoch kein Geld zum Bau besaß. Um nun doch seinen Plan auszuführen, spiegelte er seiner Mutter, welche sehr reich war, vor, er wolle eine Kirche erbauen. Seine Mutter aber schöpfte Verdacht gegen seine Versicherungen und faßte den Entschluß sich durch den Augenschein zu überzeugen. So kam sie heimlich, den Sohn überraschend, hier an, und fand außer der Kirche ein beinahe vollendetes Schloß. Als sie nun der Graf, ihr seine Bauten zu zeigen, umherführte, rief sie voll Verwunderung: »O Ulrich, was Steine!« und der Sohn antwortete: »Moles136 Stein!« Davon hat das Schloß seine zweifache Benennung erhalten. Später trieben die Besitzer Räuberei und legten den Pferden die Hufeisen verkehrt auf um die Verfolger zu trügen. Da zog aber der Landgraf von Hessen gegen sie aus, verjagte sie von der Burg und zerstörte dieselbe.

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Hier muß doch das lateinische Wort moles (Last) gemeint sein.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 773-774.
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