[118] Nun, lieber Gott, du bleibst ja lange,
Ich weis nicht, was ich dencken soll.
Der Zweifel macht der Hofnung bange,
Ich weine Bett und Biebel voll;
Ach, soll denn ich, nur ich allein
Ein Greuel meines Schöpfers seyn?
Ich mag mich schicken, drehn und winden,
Es ist mit allem nichts gethan.
Ein Sperling schläft in hohlen Linden
Und findet, wo er füttern kan;
Mich jagt die Misgunst hin und her
Und macht mir noch die Armuth schwer.
Ich habe Freund und hab auch keinen;
O wär ich doch ein Rabenkind!
Der Kummer wühlt in Marck und Beinen,
Die schon von Kranckheit mürbe sind;
Ja, wem ich ehmahls Gute erzeigt,
Der sieht und hört mein Weh und schweigt.
Was helfen mich nun alle Gaben,
Verstand und Kunst und Ehrligkeit?
O hätt ich nur mein Pfund vergraben!
Es wäre doch wohl eine Zeit,
Indem man aller Orten sieht,
Wie hoch der Thoren Glücke blüht.
Die Strafe beßert sonst die Sünder;
Dies ist mehr Grausamkeit als Zucht.
Versuch einmahl und geh gelinder,
Vielleicht gewinnt es eher Frucht;
Ein scharfer Streich und langer Grimm
Macht oft die besten Herzen schlimm.
[119]
Gefall ich mir in Boßheitslastern
Und bin ich eines Menschen Feind,
So soll mein Haupt die Hölle pflastern,
Auch eh dein großer Tag erscheint.
Du kennst mein Herz, das sonder List,
Obgleich nicht ohne Schwachheit ist.
Ich räche mich am ärgsten Spötter
Mit Langmuth, Wohlthun und Gedult.
Mein Glaube steht im härtsten Wetter
Und denckt: Es ist verdiente Schuld.
Ach, aber bey so vieler Schmach
Läst endlich auch die Hofnung nach.
Geburth, Exempel, Noth und Jugend.
Sind Ursach, daß ich fehlen muß.
Wer geht wohl stets den Weg der Tugend?
Ich strauchle selber mit Verdruß
Und bin nach schneller Reu und Leid
Der erste, der mich straft und zeiht.
Was wiltu mit dem Schatten zancken?
Beweis an Stärckern deine Macht!
Wer wird dir in der Hölle dancken?
Ach, hastu dies noch nicht bedacht?
Du kommst mit Donner, Bliz und Sturm.
Wer ist der große Feind? Ein Wurm.
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