22.

Eine Botschaft, also lautend,

Sandte gestern mir ein Freund:

»Du, aus dessen Rohr ein Tropfen

Mir das Schwarz des Auges scheint!

Da das Schicksal nach zwei Jahren

Wieder dich gebracht nach Haus,

Warum kömmst du aus dem Hause

Deines Meisters nicht heraus?«

Ich entgegnete und sagte:

»Halte für entschuldigt mich:

Nicht aus Eigensinn und Dünkel

Wandle diese Strasse ich:

Heimlich ist auf meinem Wege

Stets ein Scherge aufgestellt,

Der in Händen eine Klagschrift,

Einer Natter ähnlich, hält,

So dass, wenn des Meisters Schwelle

Überschreiten will mein Fuss,

Er mich packt und ich dann schmählich

In den Kerker wandern muss.

Doch mir ist des Meisters Wohnung

Eine Burg, ein Zufluchtsort:

Athmete nur irgend Jemand

Von des Richters Leuten dort,

Steht der kräft'ge Arm der Diener

Des Vesir's mir hülfreich bei,

Und mit Einem Schlage spalte

Ich den Schädel ihm entzwei.

Doch, wie kann ich also sprechen,

Da durch Kief mit Nun vereint,

Nur die Ehre ihm zu dienen

Als mein wahrer Grund erscheint?

Offen sei sein Thor dem Glücke,

Und der Himmel von Azur

Schmücke mit der Sonne Gürtel

Sich zu seinem Dienste nur!«

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 273-275.
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