1.

Der Fuchs und die Trauben. Bei Gelegenheit einer Rede des nachwärtigen Herrn Professor in Franeker D.J. Jakob Ritters

[188] Ein Fuchs, der auf die Beute gieng,

Traf einen Weinstock an, der, voll von falben Trauben,

Um einen hohen Ulmbaum hieng;

Sie schienen gut genug; die Kunst war, abzuklauben.

Er schlich sich hin und her, den Zugang auszuspähn;

Umsonst, es war zu hoch, kein Sprung war abzusehn.[188]

Der Schalk dacht in sich selbst: ich muß mich nicht beschämen;

Er sprach und macht dabei ein hämisches Gesicht:

»Was soll ich mir viel Mühe nehmen,

Sie sind ja saur und taugen nicht!«


So gehts der Wissenschaft. Verachtung geht für Müh.

Wer sie nicht hat, der tadelt sie.

Quelle:
Albrecht von Haller: Gedichte, Frauenfeld 1882, S. 188-189.
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Versuch Schweizerischer Gedichte
Versuch schweizerischer Gedichte: Nachdruck der elften vermehrten und verbesserten Auflage Bern 1777