Das Thor

[247] Aus schwarzem Marmor fügten sie vornacht das Thor

und eines seltnen Stolzes Inschrift gruben sie

auf seine Stirn. Es drängten die Jahrhunderte

an diesen Pfosten sich vorbei, das Haus zerfiel,

das Thor bestand – heut öffnet es die Flügel weit.


Auf diesen alten Schwellen lag manch träger Staub –

heut aber sollen braundurchwobne Purpurdecken

die grauen Quadern tauchen in den Strom der Seide

und einer Herrin wunderzarte Füsse sollen

die grossen Wandelsteine scheu auftretend segnen ...


Es träumt der Herbst sein reiches Fest. Es herrscht am See

der weissen Chrysanthemen spätgeborne Pracht

und jener dunkelrothen Blätter Überfluss,

der wie ein Mantel auf den morschen Mauern liegt –

Wo die Cypressen dort im Abendlichte glühn,

erscheint ihr Grün von Fäden dunklen Golds durchwirkt ...


Die reinen Stufen schreit ich Fragender hinab.

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Meine Verse. Berlin 1905, S. 247-248.
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