10.

[293] Unergründlicher Schmerz!

Knirscht' ich in vorigen Stunden:

Jetzt, mit noch blutenden Wunden,

Segnet und preis't dich mein Herz.


Alles Leben ist Raub;

Funken, die Sonnen entstammen,

Lodern, das All zu durchflammen,

Da verschluckt sie der Staub.


Nun ein heiliger Krieg!

Höchste und tiefste Gewalten

Drängen in allen Gestalten!

Trotze, so bleibt dir der Sieg.


Thatst du in Qual und in Angst

Erst genug für dein Leben,

Werden sie selbst dich erheben,

Wie du es hoffst und verlangst.


Greife in's All nun hinein!

Wie du gekämpft und geduldet,

Sind dir die Götter verschuldet,

Nimm dir, denn Alles ist dein![293]


Nun versagen sie Nichts,

Als den letzten der Sterne,

Der dich in dämmernder Ferne

Knüpft an den Urquell des Lichts.


Ihm entlocke den Blitz,

Der dich, dein Ird'sches verzehrend,

Und dich mit Feuer verklärend,

Lös't für den ewigen Sitz!


Quelle:
Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. 1. Abteilung: Werke, Berlin [1911 ff], S. 293-294.
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