Vielliebchen

[33] Schweigend in dem Schwarm der Schreier,

Schneebleich in der »Blauen Fahne«

Mit dem schwarzen Trauerschleier

Sitzt die schöne Kurtisane.


Leicht den Schleier von den Lippen

Schiebt die feierliche Schöne,

Vielgeliebte Lippen nippen

Bockbier beim Musikgedröhne.


Zu des Walzers wilden Takten

Zucken zarte, kleine Füße,[33]

Auf die feinen, florbeflaggten

Wangen perlt des Lächelns Süße.


Aber schnell in ihre Grübchen

Scheucht sie die Verräter wieder,

Ernsthaft, ernsthaft senkt Vielliebchen

Jüngferlich die Augenlider ...

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 1: Buch des Lebens, München 1921, S. 33-34.
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