[So soll der purpur deiner lippen]

[449] C.H.v.H.


So soll der purpur deiner lippen

Itzt meiner freyheit bahre seyn?

Soll an den corallinen klippen

Mein mast nur darum lauffen ein/

Daß er an statt dem süssen lande/

Auff deinem schönen munde strande?


Ja/ leider! es ist gar kein wunder/

Wenn deiner augen sternend licht/

Das von dem himmel seinen zunder/[449]

Und sonnen von der sonnen bricht/

Sich will bey meinem morrschen nachen

Zu einen schönen irrlicht machen.


Jedoch der schiffbruch wird versüsset/

Weil deines leibes marmel-meer

Der müde mast entzückend grüsset/

Und fährt auff diesem hin und her/

Biß endlich in dem zucker-schlunde

Die geister selbsten gehn zu grunde.


Nun wohl! diß urthel mag geschehen/

Daß Venus meiner freyheit schatz

In diesen strudel möge drehen/

Wenn nur auff einem kleinen platz/

In deinem schooß durch vieles schwimmen/

Ich kan mit meinem ruder klimmen.


Da will/ so bald ich angeländet/

Ich dir ein altar bauen auff/

Mein hertze soll dir seyn verpfändet/

Und fettes opffer führen drauff;

Ich selbst will einig mich befleissen/

Dich gött- und priesterin zu heissen.


Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 449-450.
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