Neunter Auftritt.

[243] Commissair. Ehrenthal. Gustav mit dem Kinde. Richard.


RICHARD ganz verstört. Ich kehre zurück, ich liefre mich selbst dem Gerichte, welches hier eingeschritten ist, wie ich sehe.

COMMISSAIR leise zu Ehrenthal. Wer ist der junge Mensch?

EHRENTHAL. Richard, ein – Freund dieses Hauses.

RICHARD. In das er den Mord trug.

ALLE aufmerksam. Er?

RICHARD. Ja, ich; denn mich trifft die Schuld, wenn schon nicht der That, doch der Veranlassung dazu. – Gustav, ich habe Dein Vertrauen schmählich getäuscht, Deine Freundschaft mit Verrath belohnt. Du nahmst mich gastlich auf, ich stahl mich in das Herz Deiner Frau, habe dazu beigetragen, es Dir zu entfremden, gewann ihre Liebe. Deshalb verließen wir heimlich den Ball. Hier angelangt, ergriff die Unselige eine Reue – eine Ahnung – sie entfloh meiner Zärtlichkeit – barg sich in jenes Zimmer – schloß hinter sich die Thür – da vernahm ich Tritte – August kam von Philippinen. – Ich wollte Deines Weibes, Deine Ehre retten – spiegelte ihm ein Rendezvous mit Eurer Magd vor – entfloh – begegnete Euch – belog Euch – wir kamen zurück – und der Mord war geschehen. So weit mein Bekenntniß. – Ich bin Ihr Arrestant.[244]

GUSTAV der mit aller Anspannung zuhörte. Wenn sie noch lebte, hätt' ich nach solchem Bekenntniß eine Pflicht zu erfüllen gegen Dich, – eine ernste, tödtliche Pflicht. Aber der Mord ist uns zuvorgekommen, und sein Blutarm hat meine Hand entwaffnet. – Ihr Urtheil sprach ein zürnender Gott; auf Dein Haupt fleh' ich keinen Fluch. Du warst mehr von ihr verleitet, als daß Du, jung und unerfahren, sie verführt hättest. Geh' erschüttert davon, und wenn Du wieder in den heiligen Frieden eines Hauses dringen willst, wo vielleicht glückliche Gatten weilen, wenn Du wieder nach Reizen trachtest, die einem Freunde gehören; dann, junger, leichtsinniger Mensch, töne der Jammerschrei dieser Nacht in Dein Ohr, – dann klaffe Dir die Wunde ihres blutenden Busens entgegen, – und Deine Lust sei gebüßt. Vergiß nie jenen Leichnam! – Ich hab' ein Recht Euch Alle zu vergessen, und nur meinem Vater, nur meinem Kinde zu leben. Mit dem Kinde nach Nr. 3 ab.

COMMISSAIR der Richard durchdringend und scharf beobachtet. Wissen Sie nicht, ob Dörthe in ihrer Kammer war, als die Verstorbne hineinflüchtete?

RICHARD. Nein!

COMMISSAIR. Aber Sie vermuthen, daß August es gewesen, der gewaltsam die Thüre sprengte?

RICHARD. Ich muß es vermuthen – wenn anders er es war, der mich von hier verscheuchte.

COMMISSAIR. Dafür haben Sie keinen sichern Beweis?[245]

RICHARD. Nur seine dumpfe, halbverständliche Antwort.

COMMISSAIR. Sie haben ihn nicht gesehn?

RICHARD. Nur die Gestalt eines Mannes, ohne seine Züge unterscheiden zu können.

COMMISSAIR. Dann war er's auch nicht. – Wo ist das Mädchen? Nach Nr. 2 sich wendend. He! Philippine! Komm' heraus!


Quelle:
Karl von Holtei: Theater. Ausgabe letzter Hand in sechs Bänden, Band 1, Breslau 1867, S. 243-246.
Lizenz:
Kategorien: