Er lihgt mit ihr im Grünen

[31] Ode Jambica.


Der vor bereiffte Wald

steht wihder wohl gestalt/

der gantze grüne Grund

lacht wihder Bluhmen-bundt.

Schon pärlt auß ihrer Kehle

die köstlichsten Jubele

mit gleichsahm siegerischem Schall

die durchauß kleine Nachtigall.


Der holden Gracien Schaar/

das Klee-gepaarte Paar/

zeigt itzt so rächt mit Lust

sich seine nakkte Brust.

Schon pakkt man sich am Bändel/

kom mit mir in den Qwändel!

Vergraben gantz in Helffen-Bein/

will alles itzt gestorben seyn![32]


Dorillgen/ stoltzes Thier/

waß hastu gegen mir?

Du mühst dich fast auß Stein

wie Niobe zu seyn.

Rubinen und Korallen

bezihren dir die Ballen/

ach/ künt ich doch/ du süsses Huhn/

vergnügt in deinen Armen ruhn!


Du göldener Magnet

auß Julep und Zibeth/

du Sarg for meine Pein/

kom/ laß mich bey dir seyn!

Dein Häuptgen kräntzt ein Kröngen

auß lautter Tausend-Schöngen/

die lihbe Frau auß Amathunt

ist Hindten-rümb nicht halb so rund!


Gläubs mir/ du junges Bluht/

ich bün kein Fünffzehn-Hut.

Ich bün zu jeder Zeit

for Zucht und Ehrbarkeit.

Den klugen Castalinnen

gab ich mich gantz von innen/

ein solches Hertz schmihrt insgemein

die Tugend rächt mit Balsam ein![33]


Ey/ ey/ waß ist denn daß?

Ich gläub/ da hastu waß?

Von dihsem wehrten Ort

zih ich die Hand nicht fort.

Vor solchem Paradiese

wird Cypripor ein Riese;

verstatte/ daß mein Kihl sich spizzt

und ihm nur Musc und Amber schwizzt!


Ein Zeißgen dirilirt/

ins grüne Graß bostirt/

darzu so kükkt es her/

waß hat es denn so sehr?

Der Bach hört auff zu rauschen/

die Oreaden lauschen/

all meinen schwartzen Kummer stopff

ich itzt in dich alß Threnen-Topff!


Catull/ Tibull/ Properz/

sie lihbten alle Schertz/

Ovid/ Horaz/ Virgil/

süß droff ihr Fehder-Kihl.

Drümb lehrt auch dich mein Flöhten

empfindlich itzt erröhten;

der Saffran-gelbe Löwen-Zahn

beschehmbt offt sälbst den Dulipan!


Quelle:
Arno Holz: Dafnis. München 1904, S. 31-34.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Dafnis
Des Schäfers Dafnis Fress-, Sauf- & Venuslieder
Dafnis. Lyrisches Portrait aus dem 17. Jahrhundert
Dafnis Lyrisches Portrait aus dem 17 Jahrhundert

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Gedichte. Ausgabe 1892

Gedichte. Ausgabe 1892

Während seine Prosa längst eigenständig ist, findet C.F. Meyers lyrisches Werk erst mit dieser späten Ausgabe zu seinem eigentümlichen Stil, der den deutschen Symbolismus einleitet.

200 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon