Annæ Ovenæ Hoijers Rath/

[144] Den sie auß gutem hertzen hat

Allen Alten Wittwen gegeben/

Darnach zuleben;

Vber diese die widerstreben/

Wird unglück schweben/

Diß mercket eben.


Gestellt im Jahr:

ALte WeIber soLLen nICht HoChzeIt haLten/Tantzen oDer sprIngen/ sonDern In Ihrer ReInigkeIt/IVnge Frawen zVerbawen/ Ihre zeIt zV Gottes/ Lob/fröLICh In gVter rVhe zVbrIngen.


A.

A.B.A.

A.


Alte Bleib Allein/

Stell das Tantzen ein/

Laß die Männer seyn/

Hüte dich fürs Freyn/

So du wilt gedeyn.

Halt dich still und rein;

Acht den Rath nicht klein/

Gut mit dir ichs meyn.
[145]

Ihr Alten Weiber höret her;

Was ich euch rath/ nemt an die Lehr/

Begehret keine Männer mehr/

Sonst stürtzet ihr euch in beschwer/

Vnd wird euch endlich rewen sehr.


Ein Wittwe Alt von Jahren

Soll sich nicht wider pahren/

Vnd im Ehelichen leben/

Beym Mann mehr wider geben;

Sondern in Einsamkeit

Zubringen ihre zeit/

Vnd in der furcht des Herren/

Nach Sanct Pauli begehren/

Die Junge Frawen lehren/

Ihre Ehe-Männer ehren/

Kinder erziehn und nehren/

Des hauses wolfart mehren/

Desselben schaden wehren/

Alles zum besten kehren.

So wird Gott gnad bescheren.

Das wünsch trewlich/

Von hertzen ich


Anna Ovena Hoyers.
[146]

Ihr Wittwen über funfftzig Jahr

Haltet euch still/ seyt fein Ehrbar/

Liebet das Einsam leben:

Bleibet alß Gott euch hat gesetzt/

In seiner Liebe euch ergetzt:

Das hertz sollt ihr ihm geben/

Vnd nicht mehr treten an den tantz/

Mit Heintz/ Kuntz/ Hannß/ Fritz oder Frantz.

Sie meynens nicht so trewlich

Wie manches Weib sich bildet ein/

Lieben nur ewer gelt allein;

Ohn das seyt ihr abschewlich.

Ich weiß es/ mercket was ich sag/

Ihr seyt den Männern nur ein plag/

Sie können euch nicht lieben.

Ob sie sich freundtlich stellen schon/

Ist doch das hertz sehr weit davon/

Sie müssen sich betrüben.

Mit seufftzen sie zu bette gehn/

In trauren widerumb auffstehn;

Sehn euch scheel an mit schmertzen.

Das Alte blut macht kalt den muth/

Nichts ist annehmlich was ihr thut/

Kein schertzen geht zu hertzen.

Trawt mir ich zeig die warheit an/

Ein altes Weib bey einem Mann

Kan nimmermehr gedeyen.

Exempel hab ich viel gesehn/

Wie wunderbar es pflegt zugehn/

Wann alte Frawen freyen.

Man hats erfahrn bey den Nachbarn/

Wie sie geschleppt sind bey den Harn/

In ihren Alten Tagen:

Daß ich gedacht: O armes Weib/

Wie wird tractirt dein Alter Leib/

Du magst von ungluck sagen/[147]

Hast gethan einen bösen kauff/

Da du dir diesen schlag darauff/

Zum Ehmann hast genommen.

Wahrlich es kan nicht wol gedey'n/

Wann Alte Weiber wider frey'n;

Nachrewen pflegt zukommen.

Wie mancher Mann fällt in Ehbruch

Darüber in Gotts zorn und fluch/

Ins Richters hand darneben?

Liebe Fraw Alte saget doch/

Wo kompt diß her? man fraget noch:

Habt ihr kein ursach geben?

Ja freylich/ jhr seyt schüldig dran/

Daß euch der Mann nicht lieben kan:

Dann es ist nichts zufinden

An ewerm leib und Angesicht

Das jhn zur lieb bewegen mücht/

Er seh' vorn oder hinden;

Beym Alten Weib wird keiner frisch/

Es sey im Bett od'r an dem Tisch/

Bedencket diß jhr Alten.

Im Ehstand' ihr euch gar nicht schickt/

Kein Mann wird mehr durch euch erquickt/

Wer kan's mit Alten halten?

Sie sind der Männer Fegefeur/

Ihr gelt kaufft mancher viel zu theur/

Wer' gern davon frey wider:

Spricht: O daß ich ein' Junge hett/

Bey der ich möcht im Ehebett/

Außstrecken meine glieder.

Sehr thörlich hab' gehandelt ich/

Da ich ließ also binden mich/

Vmbs losen geldes willen.

O phuy der schand/ wer löst den band?

Ist dann niemand im gantzen land/

Der mir mein leit kan stillen?[148]

Gott stürtz den Pfaffen in die Hell/

Der mich bandt an das Alte fell/

Er hat gehandelt trüglich:

Daß ihm ankomb die schwere seuch.

Er sprach: Wachset und mehret euch/

Wust doch daß nicht war müglich.

Ach leider ach/ es ist geschehn/

Geschehn ding' nicht zu endern stehn/

Hin ist mein freud und lachen:

Zuseufftzen wird mein hertz beweg't/

So offt ich seh' daß sie sich reg't;

Ach/ ach/ wie soll ichs machen?

Wer hilffet mir? wer steht mir bey?

Wer mach't von ihr mich wieder frey?

Wer kan mein leiden enden?

Niemand ohn Gott; Er helff auß noth/

Ihn bitt' ich/ daß Er woll den todt

Zu meiner Alten senden.

Die Red' hört man/ und noch viel mehr/

O liebe Alt' so gehts daher/

Todt wunschet er euch täglich;

Verfluchet beid die stund und zeit/

In welcher er euch hat gefreyt/

Nichts ist an euch behäglich:

Vnd diß/ so noch das ärgste ist/

Das ihm benimbt all lieb und lust/

Er kan nicht Vater werden;

Bekombt von euch kein Kinderlein/

So lang ihr lebet/ muß er seyn

Ein Dürrer Baum auff Erden.

Ew'r Magnet hat sein krafft verlohrn/

Kein Kindt wird mehr auß euch geborn/

Das bringt dem hertzen schmertzen/

Vnd thut ihm weh/ wann er muß sehn

Ins Nachbarn hause Kinder gehn/

Die mit dem Vater schertzen:[149]

Wann sie alß Pfläntzlein Jung und frisch/

Sich mit der Mutter an den Tisch

Zu seiner seiten setzen/

Sieht sie des Alten Weibes Mann/

Sehr traurig an/ und spricht alßdann:

Was soll doch mich ergetzen?

Ich hab im Hauß kein zeitvertreib/

Muß einsam seyn beym Alten Weib/

Das mich nicht kan erfrewen!

O daß ich so verheyrath bin/

Wie geht mein Edle zeit dahin/

Mein tag wirds mich gerewen!

Also ihr Alten Weiber seht/

Was auß ewer beyrath entsteht/

Stellet doch ab diß klagen/

Bleibt ungefreyt in reinigkeit/

So macht ihr euch kein hertzenleit/

Den Männern auch kein plagen.

Wollt ihr daß es euch wol soll gehn/

So lasst das freyen nur anstehn/

Befehlt es Jungen Frawen;

Denn dar ist noch ja hoffnung an;

Ein Junge Fraw kan ihrem Mann

Die Welt noch helffen bawen.

Ein Altes Weib dient nirgends zu/

Dann fein zu sitzen in der ruh'/

Oder den Kindes-kindern

Auffwarten und behülfflich seyn/

Sie wiegen/ winden/ halten rein/

Vnd wischen ihren hindern:

Das thut weil Gott euch kräffte günnt/

Vnd was ihr sonst im hause könnt/

Mit Nehen oder Spinnen.

Trawt Gott und betet in der noth/

So werdet ihr wol ewer broth

Ohn einen Mann gewinnen.[150]

Gott nimmt sich der Elenden an/

Ist aller frommen Wittwen Mann/

Ein Vatter ihrer Kinder:

Weiß was ein ieder nötig hat/

Gibt allen Notturfft und Vorrath/

Sein schatz wird nimmer minder.

Seht nur auff ihn/ sonst auff niemand/

Nem't alles an von seiner hand/

Seyt danckbar seiner gaben;

Vnd willig so gern Arm alß Reich/

Es sey euch gleich Gott speise euch

Durch Engel oder Raben.

Ist übrig/ theilt mit dem der bitt/

Nach aller frommen Christen sitt;

Habt ihr nicht viel/ gebt weinig.

Die Jungen Leute wollet lehrn/

Gott fürchten/ und die Alten ehrn/

Lebt mit den Nachbarn einig.

In Demut/ zucht und frommigkeit/

Der Jungen Frawen Spiegel seyt/

Geht ihnen vor in Tugend;

Lehret sie ihre Männer ehrn/

Das Hauß regiern/ die wolfart mehrn/

Vnd wol erziehn die Jugend.

Ein jeder lern sein Lection/

So steht im Hause alles schon/

Ist billig hoch zu preisen.

Darumb alß Wittwen auch gebührt/

Einen Christlichen wandel führt/

Mit Lehrn und Vnterweisen.

In der Armut gedültig seyt/

Frölich in widerwertigkeit/

Vnd lasset euch nicht grawen/

Hoffet das best/ und glaubet fest/

Daß Gott in noth nicht stecken lest

Die seiner zusag trawen.[151]

So euch zufällt reichtumb und gelt/

Nach art der Welt euch dann nicht stellt/

Euch darin zuergetzen:

Sondern wie rechte Christen thut/

Die auff vergänglich/ irdisch gut

Hertz/ sinn und muth nicht setzen.

In Gottes freud die zeit vertreibt/

Leset und betet/ singt und schreibt;

Gebt gut Exempel allen:

Könnt ihr nicht lesen/ höret zu/

Vnd Meditiret in der ruh/

Daran hat Gott gefallen.

Sein lob wird dadurch außgebreitt

Vnd seines Namens herrlichkeit

Gebaw't an allen Orten;

Helffet dazu stets/ wo ihr künnt/

Vnd thut fleiß daß ihr viel gewinnt/

Mit Wercken und mit Worten.

Im guten leben wandelt fort/

Richtt ewer thun nach Gottes Wort/

Geht fleißig mit in Tempel;

Betrachtet was da wird geredt/

Vnd haltet euch stets am Gebeth/

Thut nach Hannæ Exempel:

Die ihr zeit in keuscheit zubracht/

Diente dem Herren tag und nacht/

Setzt auff ihn ihr vertrawen:

Drumb ward das heil ihr offenbart/

Diß ist der rechten Wittwen arth/

Gott wird ihr wolfart bawen/

Sie werden ihn anschawen/

Auff einer grünen Awen/

Selig sind solche Frawen.

Quelle:
Anna Ovena Hoyers: Geistliche und Weltliche Poemata, Amsteldam[!] 1650, S. 144-152.
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