Kurtz Bedencken von der Alten Weiber Heyrath,

Da Gott nichts mir zu schaffen hat.

[152] Gestellt in Wästerwijck, im Julio, Anno 1643.


A.

VV.

A.VV.L.VV.A.

VV.

A.


Alte VVeiber Laßt VVohnen Allein/


Denn sie in der Ehe nicht tauglich seyn/

Ich schreibe euch hie die Warheit rein/

Gehorchet mir/ sehr gut ich es mein.


[153] Diß mein Kurtz Bedencken/

Habe ich wolen schencken

Casparo, Christiano und Friederico-Hermanno Hoyern.

Meinen hertzlieben Söhnen/ und allein jungen Gesellen/ auch jungen und alten Männern/ die nach Ehren streben/ und im Ehe-leben sich wollen begeben/wünsch jhnen Gottes Gnad darneben.


Ein Mann der lust zu freyen hat/

Soll erstlich bitten Gott umb gnad:

Vnd darnach folgen mit der that

Annæ Ovenæ Hoijers Rath:

Ders nicht will thun, wird haben schad.


Abschewlich ist mir anzusehn

Ein altes Weib fürm Pfaffen stehn/

Beym Mann sich lassen trawen.

Kein lust/ frewd oder zeitvertreib

Kan seyn bey einem alten Weib/

Das Ansehn bringet grawen.

Was solt denn das anrühren nicht?

O armer Mann der sich verpflicht

Sein zeit so hin zu bringen

Ohn frucht/ frewd und ergetzligkeit/

Verlohren ist all sein arbeit/

Das heist nach unglück ringen.

Ist doch kein lieblichkeit daran!

Man schmück es auch so schön man kan/

Laß koltzen/ kosen/ kallen

Babst/ Bischoff/ Bader/ Herr und Knecht/

Wenn sie es hielten all für recht/

Wills mir doch nicht gefallen.

Ich halt der Alten Weiber Frey[154]

Für ein Ehrbare Hurerey

Warheit höfflich zu sagen:

Aber man wil sie hören nicht/

Sie findt kein Herberg/ wie man spricht/

Dennoch muß ich es wagen/

Vnd sagen: Es ist schand im Land

Daß man setzt solche im Ehestand

Die nicht mehr können taugen.

Betrachtet des Ehestands final.

Ich bitt euch alle noch einmal/

Seht doch mit eignen augen/

Wachset und mehrt euch/ spricht der Herr/

Kein altes Weib dient darzu mehr/

Ist dann solch Frey nicht grewlich?

O lieben Männer jung und alt/

Der Alten Weiber euch enthalt

Ich warn euch für sie trewlich:

Denn es ist doch bey ihrer frey/

Kein Gottes segen noch gedey.

Ein solch Heyrath gehöret

Zum grewel der Verwüstung mit/

Der Geist des Lebens wird verschüt/

Viel guts dadurch zerstöret/

Des Herren grimm und straff erweckt/

Vnd das Gewissen sehr befleckt/

Diß wollet wol bedencken:

Vnd ewer Adelich Freyheit/

Mannliche Krafft und Herrligkeit

Nicht Alten Weibern schencken.

Sonst daß man Alte Frawen ehrt

Ist billig/ weil die Schrifft es lehrt/

Wenn die sich ehrbar halten/

Lehren die Junge Frawen fein

Keusch/ unterthan und heußlich seyn.

Sind recht Ehrliche Alten/

Ihr Hoffnung ist gestelt zum Herrn/[155]

Er ist der Mann den sie begehrn/

Vnd keinen mehr zu kennen/

Ihnen soll man im Wittwenstand

Gern reichen die Hülffliche hand

Sie liebe Mutter nennen:

Aber Ehe-Weib das ist zuviel.

Vnd weit geschritten übers ziel;

Darumb laßt solche bleiben

In jhrer Ruh und Einigkeit/

So könnt ihr auch ohn rew und leit/

In Frewd die zeit vertreiben.

Ob schon ein Mann alt ist, noch dann

Er wachsen und sich mehren kan

Oder sein Hauß auffbawen/

Vnd setzen newe stützen drein/

Nemlich hertzliebe Kinderlein

Bey einer Jungen Frawen;

Aber ein Junger Mann im hauß

Beym alten Weib/ richt gar nichts auß/

Hopffn und Maltz ist verlohren/

Die Brüst sind leer/ drinn ist nichts mehr/

Der alte Leib steckt voll beschwer/

Nichts guts wird drauß geboren.

Darumb jhr Freyer rath ich euch/

Erwehlt ein Junge Tugend-reich/

So wird ewr Stamm-baum grünen;

Sie kan vermehren ewr Geschlecht/

Vnd euch mit Lieb auffwarten recht

In allen dingen dienen/

Die das thun/ O wol ihnen!

Laßt alte Weiber unberührt/

Vnmolestirt und unturbirt/

Ins Hauß ein Junge Jungfraw führt/

Vnd damit ewern Ehstandt ziert/

Wer diß nicht thut/ der ist vexiert/

Schimpff er zum schaden haben wird.


A.O.H.

Quelle:
Anna Ovena Hoyers: Geistliche und Weltliche Poemata, Amsteldam[!] 1650, S. 152-156.
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