Auf die Viola di Gamba

[138] Ode.


1.

Welch unbewuste Traurigkeit

Will meiner Seelen Ruhe stöhren?

Was hemmt mir die Zufriedenheit?

Kom süsse Gamba laß dich hören/

Du bleibest mir ein ander Davids-Spiel/

Durch dessen Klang ein Feind der Ruhe fiel.


2.

Du singest mir von Anmuth vor/

Dein Nachklangt redet von Vergnügen.

Dein zarter Thon dringt durch das Ohr/

Das Hertz in den Besitz zu kriegen/

Da breitet sich dein lieblichs Sausen aus/

Und jagt den Sturm der trüben Wolken raus.


3.

So machst du mir das Wetter schön/

Du unvergleichliches Ergetzen.

Nun hör' ich deine Säyten gehn/

Die in der Höh' und Tieffe letzen.

Die Gratien sind gantz gewiß in dir/

Und sprechen so durch deine Gunst mit mir.


4.

Dein Strich/ der starck und wieder zart/

Ist so ein Wechsel/ der entzücket.

Kurtz alles hat der Tugend-Art/

Die herrlich/ aber still erqvicket.

Dein sanffter Thon macht keinen Menschen wild.

Der Würckung nach bist du der Tugend-Bild.
[139]

5.

Drum ehret dich ein edles Hertz/

Das der Begierden Macht nicht treibet.

Ein feiner Geist liebt deinen Schertz/

Wovon ein Dumm- und Wilder bleibet.

Ach stille still'/ ein solcher ist nicht wehrt/

Daß so ein Klang durch seine Sinnen fährt.


6.

So komm mein wehrter Zeit-Vertreib/

Der mir den Unmuth kan versingen.

Ein ander lieb' ein geiles Weib/

Du kanst mir mehre Freude bringen/

Denn deine Lust ist nach des Himmels-Sinn/

Und bleibt mein Schatz/ so lang ich ledig bin.


7.

Nach aller Arbeit wird mein Geist

Von dir mit neuer Krafft berühret.

Wenn mich das Glück mit Anmuth speis't/

So wird auch deine Lust verspühret.

Bin ich betrübt/ und komme denn zu dir/

So spielest du mir was beweglichs für.


8.

Getreuer Freund/ drum lieb ich dich/

Und will dich in die Armen faßen/

Drum öffnen meine Schenckel sich/

Ein solch Vergnügen nicht zu lassen.

Ich halte dich; bin ich nur wohlgemuth/

So klingest du mir noch einmahl so gut.


9.

Nimm diesen Strich zu guter letzt.

Du ungemeines Spiel der Säyten.

Kein Spiel das sonsten auch ergetzt

Weiß deinen Vorzug zu bestreiten.

Die Sorgen fliehn/ mein Wünschen stellt sich ein/

Kein Schatz der Welt geht über frölich seyn.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 138-140.
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