Als Tit. Herr Hoffraht Stahl/ damahliger Pro-Rector der Hochlöbl. Friedederichs-Universität in Halle sich von neuen verheyrathete/

[231] Im Nahmen anderer.


Vergönne/ Theurer Mann/ den Halle muß besingen/

Den Teutschland hoch verehrt/ die Klugheit herrlich preißt/

Der aus der ferne läßt auch Kranken zu sich bringen/

Woran er seine Kunst zu ihrem Heil erweißt/

Daß man den Curen so/ wie den gelehrten Schrifften/

Ein ewig Ehren-Mahl/ muß bey der Nachwelt stifften.


Vergönne/ bitten wir/ daß wir bey deiner Liebe/

Du Phoenix, der sich so/ wie andere verjüngt/

Ein Vivat angestimmt/ das nach dem Ehrfurchts-Triebe/

So du in uns erweckst/ und lauter Liebe klingt:

Die Musen grüßen dich/ als Vater dieser Zeiten/

Und freuen sich demnach bey deinen Lustbarkeiten.


Gewiß/ wer deinen Stand Hoch-Edler recht bedencket/

Der schätzet dich beglückt/ daß dir ein schönes Kind

Des Himmels Gütigkeit von neuen hat geschencket/

Und deine Geister nun dadurch erqvicket sind.

Wenn Blumen in dem May/ in Sommer Frucht gewesen/

So läßt im Herbste dich Gott süße Trauben lesen


Die süßen Trauben sind ein Bild vom Ehestande/

Die trägt ein edler Stock im Herbste dir zur Lust.

Engeddi Reben-Blut in dem gelobten Lande/

Ist deiner Wesnerin Hertz/ Anmuht/ Aug und Brust.[232]

Wenn die Gelehrten sich zu weilen letzen müßen:

So wilst du dein Geblüt auch der Gestalt versüßen.


Vor allen/ kluger Mann/ da du so viel geschrieben/

Daß sich Hyppocrates in dir belebet sieht:

So will dein edler Geist auch Neben-Stunden lieben:

Drum kaufst du dir ein Hauß/ dabey ein Garten blüht/

Um da ein heilsam Kraut/ die Rose zum Ergetzen/

Die schöne Wesnerin zur Wartung nein zusetzen.


Die Holde Wesnerin ist Rosen zu vergleichen/

Was Wangen und den Mund/ den schönen Mund betrifft.

Ihr Blumen-Frühling wird so leichtlich keinem weichen.

Ihr Tugendhafft Gemüht verdient die Uberschrifft:

Hier ist die Garten-Lust/ der Augen süße Weide/

Vor unsers theuren Stahls verjungte Krafft und Freude.


Wir ehren diesen Tag/ du Kleinod dieser Zeiten/

Da deines Lebens-Glantz sich auf geklähret hat.

Wir suchen nicht dein Lob nach Würden aus zubreiten/

Dein Ruhm ist viel zu groß vor dieses kleine Blat.

Wir wollen unsre Brust allein mit Freuden schmücken/

Und diesen treuen Wunsch vor dich zum Himmel schicken.


Weil Gärten Medicis am allerbesten dienen:

So müße deiner auch an Lebens-Kräutern blühn/

An Blumen reicher Lust/ an lauter Wohlseyn grünen/

Und euer Rosen-Beet kein Frost nicht überziehn/

Auch süße Trauben da/ wie in Engeddi Garten/

Den Hoch-bemühten Geist mit frischen Labsahl warten.


Du Hoch-berühmter Stahl/ wenn man mit Stahl und Eisen/

Den Zeiten trotzen kan/ so müße sich dein Glück

So standhafft/ als dein Muht und großes Hertz beweisen;

Ja es bestrahle dich ein steter Freuden-Blick/

Daß Euer Leben so gleich deiner Tugend gaben/

Mag Zeiten/ die von Stahl/ das ist/ auf ewig haben.
[233]

Stahl putzt den Marmor aus/ und macht die schönsten Sachen.

Was sonst dein Geist polirt/ ist unvergleichlich schön;

Du wirst es also auch mit deinem Engel machen/

Die reinen Marmor läst auf Brust und Stirnen sehn.

Damit wir/ Himmel gib/ bald zu dem Vivat schreiten:

Daß Stahl aus Marmor kan das schönste Bild bereiten.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 231-234.
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