Buch-Händler.

[86] Buch-Händler betriegen 1) wenn sie eines andern Buch-Händlers Verlags-Bücher heimlich nachdrucken lassen, und, damit ihre nachgedruckte Exemplaria desto eher abgehen mögen, solche / in Ansehung, daß sie den Auctorem eines Buchs nicht bezahlen dürffen in geringern Preiß / als etwa der rechtmässige Verleger thun kan, verkauffen / solcher gestalt aber, daß des andern Verlag liegen bleibe / verursachen. 2) Wenn sie mit wissen defecte Bücher vor vollständige den Käuffern anhängen, und da hernach diese den Defect inne werden / solchen unter der kahlen Entschuldigung, es sey der Defect vom Buchbinder oder von ihnen / den Käuffern selbst, gemacht worden, nicht ersetzen wollen. 3) Wenn sie den in Collegiis Academicis geführten Discours berühmter Leute, welcher doch offt ohne behörige Connexion nachgeschrieben wird / ohne derselben Vorbewust zum Druck befördern / und damit man sie deshalber nicht in Verdacht habe, fremde und offt erdichtete Verleger dazu angeben. 4) Wenn sie alten verlegenen und untüchtigen Büchern / so nicht abgehen wollen, einen neuen Titul geben, und / damit man solche vor Neue ansehen möge / dieselbe an den Seiten beraspeln / daß das schwartz-angelauffene Papier davon abgehe und her gegen das Weisse wieder hervor scheine. 5) Wenn sie die Jahrzahl auf den neuzuedirenden Büchern ein oder zwey Jahr voraus[86] setzen / oder wenigstens etliche 100. Exemplaria mit einer neuen Jahrzahl / als man etwa zur Zeit / da ein Buch gedruckt wird, schreibet /versehen lassen / damit solche immer vor neue Bücher passiren mögen. 6) Wenn sie auf den Büchern zum Druck-Ort Amsterdam oder sonst eine Holländische Stadt fälschlich angeben, damit die Materie dem Holländischen Druck gleich möge bezahlet werden. 7) Wenn sie zum Titul und auswendigen Lage-Bogen sauber und weisses, zu dem übrigen aber grobes und schwartzes Papier nehmen, mithin die Bücher nur den übertünchten Gräbern gleich machen. 8) Wenn sie, da die Buchdruckere die Correcturen nicht mit übernommen / keine tüchtige und fleißige Correctores bestellen / und dadurch offt so wol dem Auctori, als auch dem Buch selbst einen nicht geringen Schandfleck anhängen. 9) Wenn sie ihren schlechten Büchern von vornehmen Leuten Praefationes vorsetzen, und solche darinnen aufs beste recommendiren lassen, damit die Käuffere dadurch desto mehr angelocket werden. 10) Wenn sie denen schon gedruckten Büchern / so nicht wol abgehen, Accessiones geben, solche aber nicht à parte drucken, sondern jenen immediate anhängen lassen, damit diese jene mit verkauffen helffen. 11) Wenn sie bey wiederhohlter Auflage die Bücher vor vermehrter und correcter ausgeben, in der That aber am Buch weiter nichts, als daß editio secunda correctior, emendatior locupletior, u.s.f. auf dem Titul steht, vermehrt, auch, was die Accuratesse betrifft / offtmals noch schlimmer als die erstere gerathen ist. 12) Wenn sie den Titul eines[87] Buchs von schon edirten und wohl abgehenden Schrifften abborgen, und den Ihrigen auch vorsetzen / damit sie mit jenen in gleicher Maaß wohl abgehen mögen. 13) Wenn sie ihre Verlags-Bücher durch die Herren Journalisten in ihren Monaths-Schrifften mit vielen Lobsprüchen / ohne Meriten, oder aber mit widrigen /Ihnen aber doch vortheilhafften Judiciis, ohne Verschulden / recensiren lassen, damit sich die Liebhabere dazu desto eher und begieriger finden mögen. 14) Wenn sie durch andere veranstalten oder geschehen lassen / daß ihre Verlags-Bücher öffentlich refutirt, oder wohl gar confisciret / und durch den Scharffrichter verbrannt werden, damit solche hernach desto fleißiger gesuchet und desto theurer aufgekauffet werden. 15) Wenn sie Manuscripta unter dem Nahmen vornehmer und gelehrter Leute / so längst verstorben /drucken lassen, und darbey den wahren Auctorem ohne Noth verbergen / nur damit jene im Druck wegen des etwa berühmten Auctoris mit desto grössern Applausu aufgenommen werden. 16) Wenn sie im Alphabet etliche Signaturen mit Fleiß überhüpffen und aussen die paginas aber und Materie richtig fortgehen lasen / damit sie bey Verstechung ihrer Bücher mit andern Buch-Händlern, die auf Messen die Bücher genau zu collationiren nicht wohl Zeit haben /desto mehrere Alphabete oder Bögen geliefert zu haben, scheinen mögen.


Mittel: 1) Daß diejenigen / welche den Buch-Handel erlernen wollen / sich in Schulen länger aufhalten / und nebst dem Grund des Christenthums auch in der [88] Litteratur einige Profectus machen / damit sie künfftig von der Güte eines Buchs / so ihnen zum Verlag offerirt wird / selbst einiger massen urtheilen mögen / und nicht erst nach erlittenen Schaden klug gemacht merden. 2) Daß sie bey Antrag eines Buchs zum Verlag verständige gelehrte Männer darüber zu Rathe ziehen / und nicht alles / waß ihnen vorkommt / annehmen / als wodurch hernach offt geschicht / daß sie durch angenommenen Verlag eines Buchs manches Capital dergestalt verlegen / daß sie es Zeit Lebens nicht wieder finden können. 3) Daß hohe Obrigkeit eine besondere Buch-Händler Ordnung drucken / und darinnen obigen Betriegereyen mit androhender harter Bestraffung und Confiscirung alles unbilligen Nachdrucks möglichst vorbeugen lasse /aber auch selbst nicht zweyen oder mehrern ein Privilegium über einerley Buch ertheile.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 86-89.
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