Gerichts-Diener und Bothen.

[29] Gerichts-Diener und Bothen betriegen 1) Wenn sie bey Ausrichtung mündlicher Befehle etwas verschweigen oder mehr hinzu setzen weder ihnen anbefohlen worden, und hierdurch denen Partheyen zu widrigen Gedancken, oder wohl gar zu hitzigen und irrespectueusen Reden wider den Richter Anlaß geben. 2) Wenn sie von denen Partheyen durch Schmeicheley etwas herauslocken, und hernach solches dem Richter als ein gerichtliches Geständniß vortragen. 3) Wenn sie aus einen privat-Haß eine Parthey verunglimpffen und gleichsam des Gegentheils Advocaten agiren. 4) Wenn sie diejenigen Verordnungen welche den extrahirenden Theil unanständig sind, auf dieses Bitten, entweder gar, oder doch wenigstens so lange, biß eine andere bald ausgewürcket worden, zuruck behalten. 5) Wenn sie bey Einholung auswärtiger Sententien von denen Gerichts-Persohnen neben Recommendationes an die Juristen Collegia mitnehmen. 6) Wenn sie den locum transmissionis denen Partheyen verrathen. 7) Wenn sie, da die Urthel schon ausgefertiget, dennoch von denen Urthels-Schreibern noch etliche Tage zu Vermehrung ihres Wart-Geldes[29] sich in die Specification setzen lassen. 8) Wenn sie gegen ein versprochenes Recompence alle fremde oder in denen Gerichten noch unbekannte Clienten zu einen Advocato weißen, diesen vor andern rühmen, die übrigen aber als ungeschickte ausschreyen. 9) Wenn sie die öffters discrepanten vota derer Räthe propaliren. 10) Wenn sie der einen Parthey vorbilden, als wenn die eingeholte Sentenz ihr contrair ausfallen würde, da sie doch derselben contenta nicht wissen, und sie also zu einen höchstnachtheiligen Vergleich disponiren. Siehe mehr im Haupt-Theil sub titulo: Bothen.


Mittel: 1) Daß man zu solchen Diensten Leute nehme / die nicht gantz arm sind / sondern welche ausser ihrer Dienst-Besoldung noch vor sich etwas in Vermögen haben und von guten Leumund sind. 2) Daß man bey Verschickung derer Acten den Ort denen Bothen erst vor dem Thor durch den Bothenmeister anzeigen und selbige so gleich abgehen lasse. 3) Daß man die Vota nicht in offenen Schedulis, sondern / wie in wohlbestelten Gerichten gebräuchlich ist / in einen besondern verschlossenen Lädgen herum schicke. 4) Daß Richtere denen Wäschereyen der Bothen nicht glauben / und sie sonsten zur treuen Verwaltung ihres Amts anhalten.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Fortgesetztes Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket werden, Dritte Edition, Coburg 1730, [Nachdruck Leipzig 1981], S. 29-30.
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