Siebente Szene


[338] Zar Peter. Gordon.

Der Zar sieht starr vor sich hin.


GORDON betrachtet den Zar mit gekreuzten Armen. Nach einer Pause. Deine Feinde sind Schwachköpfe. Man müßte ein Volk gegen dich Einzelnen führen und dann stände der Kampf immer noch zweifelhaft. Deine Feinde sind erbärmliche Schwachköpfe.[338] Sie meinen, dich durch Verschwörungen erdrücken zu können. Das ist, als wenn man den Kaukasus mit der Hand versetzen wollte.


Peter schweigt.


Ist der Zar traurig?

PETER. Ein König der Bestien zu sein! – O Gordon! – –

GORDON. Du richtest doch nur mit Bestien etwas aus.

PETER. Wenn alles eine Torheit gewesen wäre! Alles umsonst! Warum mich unter diese werfen, du eigensinnige Macht? Gordon, man könnte darüber verzweifeln.

GORDON. Wir müssen doch vorwärts.

PETER. Richtig. Wir müssen. Und andre müssen mit! Es ist ein Schicksal. – Gordon!

GORDON. Herr?

PETER. Glaubst du, daß ein einziger Mensch es von Herzen mit mir meint?

GORDON. Meinst du mit einem einzigen Menschen es von Herzen?

PETER. Eine Frage, die treffend antwortet. Auch du nicht, Gordon?

GORDON. Ich bin ein Schotte. Der Schotte geht nach Geld. Du gibst mir Geld, und ich liebe dein Antlitz auf deinen Münzen.[339]

PETER gibt ihm die Hand. So hab' ich's gern. Gordon, es heuchelt mir alles. Ich bin dessen satt, bis in meine Eingeweide satt! –

GORDON. Nun, jene Natur-Philosophen heuchelten dir ja auch nicht. Es war ein Parlament aus dem Stegreife. Doch horch! Ich höre Schritte. Und wie ich bei dem Scheine dieser Notfackel wahrnehme ...


Er stößt einen brennenden Pfahl aufrecht in den Boden.


ist es der Fürst. Du hast ihn nach Moskau vorausgesendet? Eine witzige Strafe.

PETER. Er taugt zum Spionieren.

GORDON. Er macht Schritte, wie der große Christoph. Seinen Jubel hättest du hören sollen, Zar, als er deine Vergebung erlangt hatte. Kein Hund, der nach empfangnen Prügeln wieder apportieren darf, kann sich aufrichtiger freun.

PETER.

Er hat was Hündisches in seiner Seele,

Doch ist er wohl zu brauchen. Ihm zuliebe

Zeig' ich bisweilen ihm ein finstres Antlitz.

Dann schlägt er seiner Sünden Liste auf,

Und dient, solang der Schreck dau'rt, wieder gut.


Quelle:
Karl Immermann: Werke. Herausgegeben von Benno von Wiese, Band 4, Frankfurt a.M., Wiesbaden 1971–1977, S. 338-340.
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